DEEPMELLO – Science meets Fashion

Slow Fashion und nachhaltige Mode: Fair Fashion Tasche von Deepmello
Das Berliner Label Deepmello hat sich auf eine pflanzliche Gerbmethode mit Rhabarberwurzel-Extrakt spezialisiert und fertigt Leder-Accessoires und Textilien unter anderem in Kooperation mit Designern. Statt mineralisch, mit toxischen Chromsalzen zu gerben, so wie es weltweit immer noch zu über 80 Prozent getan wird, haben sich die drei Forscher Anne-Christin Bansleben, Prof. Ingo Schellenberg und David Bansleben lieber eine ganz eigene Gerbemethode ausgedacht und das Unternehmen Deepmello gegründet. Das Label ist ein wunderbares (und seltenes) Beispiel dafür, wie Wissenschaft und Mode eine befruchtende Symbiose miteinander eingehen können. Wir haben mit der Wissenschaftlerin, studierten Oecotrophologin und Deepmello-Geschäftsführerin Anne-Christin Bansleben über ihr niemals ruhendes Forschergen, vegane Lederalternativen sowie spannende Zukunftsprojekte gesprochen.

Anne, nach jahrelanger Forschung ist es dir und eurem Team gelungen, durch einen schonenden Gerbungsprozess, der ausschließlich unter Verwendung von Rhabarberwurzel-Inhaltsstoffen durchgeführt wird, nachhaltiges Leder zu entwickeln, dass sich besonders für Chromallergiker, empfindliche Menschen und sogar für Babys eignet und das biologisch abbaubar ist. Wie lange hat es von der ersten Idee zur finalen Umsetzung gedauert?
Vom ersten Ansatz bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir schließlich die ersten Leder in de Händen hatten, hat es über vier Jahre gedauert. Meine Kollegen und ich waren zunächst in Forschungsgruppen tätig, in denen wir uns mit Pflanzenstoffen auseinander gesetzt haben, unter anderem eben auch mit Rhabarber. In dem Zuge kamen wir irgendwann zu der Überzeugung, dass sich der Pflanzenstoff doch eigentlich auch wunderbar als Gerbstoff eignen müsste. Wir haben uns der ganzen Sache also zunächst rein wissenschaftlich genähert und erst dann mit Gerbern zusammengesetzt und während dieses Prozesses gemerkt, dass pflanzlich gegerbtes Leder eine echte wirtschaftliche Alternative zur Chromgerbung zu sein scheint. Schließlich haben wir uns dazu entschlossen, das Risiko einzugehen und unsere Forschungsstellen an der Universität aufzugeben und ein Unternehmen daraus zu machen.

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Eine ziemlich mutige und finanziell sicherlich nicht ganz einfache Entscheidung…
Das stimmt, allerdings haben wir ab einem bestimmten Zeitpunkt so sehr dafür gebrannt, dass es uns eigentlich als logische Konsequenz erschien, unsere festen Forschungsstellen zu kündigen und das Risiko einzugehen, ein eigenfinanziertes Unternehmen zu gründen.

Wie waren die ersten Reaktionen auf euer innovatives Herstellungsverfahren?
Wir haben relativ schnell gemerkt, dass es eine große Nachfrage gibt. Das Feedback war von Anfang an positiv. Besonders für die, die auf der Suche nach Gerbungsalternativen waren, war unser Vorhaben extrem spannend. Ein weiterer Vorteil war unsere wissenschaftliche Expertise, die hat uns von Anfang an enorm glaubwürdig gemacht. Aber wir haben auch ein wenig Gegenwind aus der Chromindustrie bekommen. Aber das geht natürlich nicht nur uns so, sondern allen, die in diesem Bereich nachhaltig tätig sind.

Wie hat sich dieser Gegenwind denn geäußert?
Zum Beispiel insofern, dass behauptet wurde, dass wir angeblich ganz Deutschland und Österreich mit Rhabarber bebauen müssten, um ausreichend Gerbstoff gewinnen zu können. Was natürlich totaler Unsinn ist.

Peppermynta-Deepmello-Leder-Tasche_4Das wäre ja auch nicht gerade besonders wirtschaftlich… Wo wächst der Rhabarber denn eigentlich, den ihr für die Gerbungsprozesse bezieht?
Da wir eine Marke sind, die 100 Prozent Made in Germany ist, beziehen wir den Rhabarber ausschließlich aus Deutschland. Wir haben einige Hektar große Anbauflächen in Sachsenanhalt. Das Wunderbare an dem Gewächs ist, dass es sich dabei um eine sehr anspruchslose Pflanze handelt. Für den Gerbungsprozess verwenden wir Inhaltstoffe aus den Wurzeln und diese sind extrem witterungs- und saisonunabhängig. Zuvor haben wir aber natürlich einigen Forschungsaufwand betrieben, um die für unser Vorhaben geeigneten Sorten zu finden.

Können einzelne Pflanzenteile weiterverarbeitet werden, beispielsweise für die Herstellung von Saft oder für den direkten Verzehr?
Ja, auf jeden Fall. Wir arbeiten unter anderem auch mit Sorten, die zum Verzehr geeignet sind und deren für uns unbrauchbaren Pflanzenteile dann an die Lebensmittelindustrie gehen. Wir verwenden jedoch nicht nur die Wurzeln, sondern entwickeln – das Forschungsgen stirb nie aus – auch ganz andere Produkte aus der oberirdischen Blattmasse, beispielsweise für die Kosmetikindustrie.

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Oh, wie spannend! Da werde ich später noch mal nachhaken. Woher bezieht ihr eurer Leder und wie verläuft die Weiterverarbeitung?
Bei dem Leder, das wir für die Produktion unserer Deepmello-Produkte sowie für unsere Designerkooperationen verwenden, handelt es sich um ein Nebenprodukt der Fleisch verarbeitenden Industrie. Die Häute stammen allesamt von Rindern, die auf kleinen Bauernhöfen in Süddeutschland artgerecht gehalten werden. Den Gerbereien, mit denen wir eng zusammen arbeiten liefern wir neben diesen Häuten unseren Gerbstoff und diese gerben die Leder nicht nur für uns, sondern vertreiben es an andere Designer wie zum Bespiel an Alina Schürfeld oder Hess Natur. Für Hess Natur übernehmen wir in unseren Produktionsstätten übrigens auch den gesamten weiteren Fertigungsprozess, also das Nähen etc.

Stichwort Veganismus: Der Vegan-Trend hält seit geraumer Zeit auch verstärkt Einzug in der Mode – immer mehr Hersteller von Taschen & Accessoires setzen auf vegane Materialien wie Polyurethane. Welche Argumente setzt du Veganern entgegen, die konsequent gegen jeglichen Einsatz von Leder sind?
Dass unser Produkt nicht für jeden in Frage kommt, ist uns durchaus bewusst. Wir wollen Niemanden bekehren, Leder zu tragen. Vielmehr soll unser Material eine echte Alternative für Chromleder sein. Uns ist außerdem wichtig, eine Wertigkeit von Leder vermitteln und dass es nicht notwendig ist, sich alle paar Monate eine neue Tasche zu kaufen. Eine Tasche oder Lederjacke, die wir produzieren, ist in der Herstellung zwar teurer, dafür trägt man sie aber auch Jahre oder sogar Jahrzehnte und weiß das Produkt automatisch ganz anders zu schätzen. Uns geht es grundsätzlich auch darum, das wieder viel mehr hinterfragt wird, wo unsere Produkte eigentlich her kommen. Umgekehrt betrachten wir viele vegane Materialien nicht zwangläufig als umweltbewusst, gerade wenn sie aus Schwerölen hergestellt sind, hat das für uns nichts mit Nachhaltigkeit zu tun. Dann verzichtet man zwar auf einen tierischen Rohstoff, die Herstellung ist aber alles andere als nachhaltig.

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Für Konsumenten wird es immer schwieriger, das »Richtige« zu konsumieren. Welchen Rat kannst du kritischen Konsumenten geben?
Man sollte sich immer eine Marke suchen, bei der man das Gefühl hat, dass man nachvollziehen kann, wie sie arbeiten. Ein Unternehmen, bei dem man die einzelnen Produktionsschritte nachvollziehen kann und das seine Herstellung sehr transparent gestaltet. Im Zweifel kann man auch bei den Unternehmen direkt nachfragen, sich nach Zertifikaten und Lieferketten erkundigen. In der Regel gilt: Wer nichts zu verbergen hat, gibt auch gerne Informationen preis.

Ihr arbeitet immer wieder mit talentierten Designern und Newcomern zusammen. Kannst du schon verraten, welche Kooperationen als nächstes geplant sind?
Für unsere Frühjahr/Sommerkollektion 2017 sind bereits spannende, neue Kooperationen geplant aber verraten darf ich leider noch nichts, da es noch nicht ganz spruchreif ist.

Du hast es ja selbst schon gesagt – das Forschergen stirbt nie aus. Woran forschen du und deine Kollegen derzeit?
Wir entwickeln momentan eine Anti-Aging-Pflegelinie, welche Inhaltsstoffe der Rhabarberpflanze enthält. Der Plan ist, diese Linie noch in diesem Jahr zu launchen.

Oh, das sind ja – im wahrsten Sinne des Wortes – schöne Aussichten! Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch.

Fotos: PR

Mit etwas Glück könnt ihr hier eine wunderbare, mohnrote Clutch von Deepmello gewinnen!