Black Friday Kritik – Warum wir extremen Konsum kritisch sehen

Black Friday – warum Konsum kein Grund zu feiern ist: Valentinstag, Halloween, Cyber Monday, Black Friday, Singles Day, Baby Shower, Bridal Shower, Rabattschlacht, Rabatte, Schnäppchen

»Unschlagbar! Schnäppchen! Nur heute!« Der Black Friday steht vor der Tür. Und wir machen nicht auf. Allerdings schauen wir mit euch durchs Schlüsselloch und erklären, was Rabatte in unserem Gehirn veranstalten und welche »Bräuche« wenig mit Kultur und viel mit Konsum zu tun haben: Über Verlobung, Valentinstag, Singles Day und Halloween bis zur Bridal Shower oder Baby Shower Party.

Black Friday, Cyber Monday, Singles Day etc. Ich wette, dass du aus dem Stehgreif neben deinem Geburtstag mindestens fünf weitere »Feiertage« aufzählen kannst, an denen ganz schön viel Ramba-Zamba abgeht, die aber wenig mit Zwischenmenschlichkeit oder gemeinsam gelebter Freude zu tun haben.

Black Friday ist immer der erste Freitag nach dem amerikanischen Feiertag Thanksgiving. In diesem Jahr fällt der Tag auf den 26. November und läutet das Weihnachtsgeschäft im Einzelhandel ein. Das Verrückte? 1941 verlegte der amerikanische Präsident Thanksgiving, bei uns Erntedank, eine Woche nach vorne, damit der Einzelhandel noch mehr Zeit für das Weihnachtsshopping bekommen konnte. Eine Feiertagsverschiebung für den Konsum. Crazy! Dich interessiert die ganze Entstehungsgeschichte rund um den Black Friday? Johannes von Wahn & Sinn gibt in seinem Video die perfekte Erklärung.

Black Friday – Höher, schneller, weiter und noch mehr Rabatte

2019 wurde in Deutschland in Kombination mit dem Cyber Monday 3,1 Mrd. Euro Umsatz gemacht, Tendenz laut Deutschem Handelsverband steigend. Während in den USA, aus dem der Rabatt-Tag zu uns rüber geschwappt ist, Black Friday eher analog und stationär stattfindet, vermischen sich bei uns in Deutschland, Österreich und Schweiz die beiden Tage. Viele Aktionen finden hauptsächlich online statt. Große News-Seiten verkünden im stündlichen Ticker, wo es gerade die besten Deals und Sonderangebote zu holen gibt. Das Ergebnis? Massenhafter Konsum, ohne nachzudenken.

Kaufen, kaufen, KAAAUUFEEN – wie Rabatte unsere Entscheidungsfindung trügen

Okay, kaufen ist in Ordnung, in Maßen, nicht in Massen. Gleichzeitig stelle ich mir die Frage, wie und warum Aktionen wie Black Friday trotzdem so gut funktionieren. Das Zauberwort? »Neuromarketing«. Es beschäftigt sich damit, welche unserer Gehirnregionen in Sachen Kaufverhalten und Werbebotschaften angeregt werden. Bei Rabatten und Schnäppchen wird unser Belohnungssystem angesprochen, welches zeitgleich unsere Entscheidungsfindung verdrängt. Den Effekt kennt sicherlich jede:r: Dieses Sofort-Haben-Müssen-Gefühl. Und das, obwohl wir Gegenstand XY vielleicht vorher noch nicht einmal auf dem Schirm hatten. Durch die Anregung des Belohnungssystems entsteht eine Art Kritiklosigkeit. Auch die Veranschaulichung von Verknappung à la »Nur heute so günstig!« oder »Nur noch 5 Stück verfügbar« lassen eine Art Angst entstehen. Das Gegenmittel? Distanz. Kurz innehalten und dich fragen: »Brauchst ich das wirklich?« – dann sieht der Kaufrausch gleich schon viel kleiner aus.

Greenpeace bezeichnet den vom Einzelhandel initiierten Tag übrigens als »schwarzen Tag für die Umwelt«. Warum? Weil unfassbar viele Sachen gekauft werden, die wir eigentlich nicht brauchen. Und weil viele der vermeintlichen Schnäppchen wieder zurückgeschickt werden. Oft wird sogar unter dem Vorbehalt bestellt, dass ein Teil der Sachen wieder zurück geht. Viele der rabattierten Dinge, die dann doch keiner braucht, landen danach im Müll und werden verbrannt. Das Paradoxe? Viele der vermeintlichen Super-Rabatte sind unnötig aufgeblasen. Der Verbraucherschutz hat 1400 Angebote untersucht und herausgefunden, dass es sich meist nur um 10% bis 25% Rabatt und nicht wie in den Werbebotschaften oft versprochen um Rabatte bis zu 60% handelt.

Und jetzt? Nie wieder Shopping? Wie Konsum nachhaltig sein kann

Jetzt rattert es bestimmt bei dem einen oder der anderen. Oft wird das Argument genannt: »Konsum an sich ist ja schon alles andere als nachhaltig.« Jein, so einfach ist das leider nicht. Denn wir leben in einem System des Konsums. Wir verdienen Geld, wir ernähren uns, wir brauchen Kleidung, Kosmetika – und definitiv auch das ein oder andere Schöne in unserem Leben. Das ist okay. Und wichtig. Für unser Seelenheil, aber auch für unsere Wirtschaft. In diesem Jahr beobachte ich immer häufiger, dass auch nachhaltige Firmen an dem Ramba-Zamba rund um Black Friday anknüpfen.

Mit einem »Fair Friday« nutzen grüne Labels z.B. den Medienrummel, um auch ihre Geschäfte anzukurbeln. Irgendwie verständlich und legitim in 2021. Denn auch nachhaltige Firmen müssen ihre Produkte verkaufen, um zu überleben. Allerdings verknüpfen sie es in den meisten Fällen mit Charity-Aktionen wie Spenden oder Baumpflanzaktionen und nicht mit Rabattschlachten und Massenverkäufen.

Wir sind eher nicht so die Schnäppchen-Jägerinnen und kaufen uns nur Sachen, wenn wir sie wirklich brauchen. Hier kommen wir dann an den Punkt, wo unser Geld einen grünen Impact hat. Deshalb unterstützen wir Online-Shops, wo wir Produkte von ökologischen, sozialen und fairen Unternehmen kaufen können:

Loveco*
Avocadostore.de*
Jojeco*
Glore*
Greenality*
Grundstoff*
Blanda Beauty*
Woodberg*
Ecco Verde*
Belladonna Naturkosmetik*
Najoba*
Pure Schönheit*
Skin Matter*

Aber Obacht: Black Friday und Cyber Monday sind nicht die einzigen Konsumschlachten. Die folgende Liste soll dir einen Überblick über weitere Eventualitäten, Feste und Tage geben, die oftmals keine romantischen Wurzeln haben. Und wenn doch – dann sind sie im Zuge der Kommerzialisierung verklärt worden:

Black Friday – warum Konsum kein Grund zu feiern ist: Valentinstag, Halloween, Cyber Monday, Black Friday, Singles Day, Baby Shower, Bridal Shower

Singles Day – einsam einkaufen?

2019 wurde von Douglas erstmals der »Singles Day« übernommen. Dieser inszenierte Feiertag kommt aus China. Entstanden ist er aus der Jugendkultur heraus – eigentlich wie eine Art Anti-Valentinstag. Die ganzen Einsen des 11.11. sollen an Alleinstehende erinnern. Singles verabreden sich in Bars, zum Karaoke oder zum Essen und feiern sich selbst. Seit einigen Jahren hat sich die Wirtschaft den Singles Day zu eigen gemacht. Die chinesische Verkaufsplattform Alibaba hat 2018 alleine am Singles Day einen Umsatz von 30,8 Mrd. Dollar erzielt. Es ist der umsatzstärkste Shopping-Tag in China. Basierend auf einer Idee, die eigentlich die Selbstliebe und das Zusammenkommen in der Gruppe feiern sollte.

Valentinstag – ist Liebe käuflich?

Der Gegenteil-Tag des Singles Day ist der Valentinstag. In der Tat geht dieser Tag und auch die Assoziierung mit Blumen auf den heiligen Valentin zurück. Die Kommerzialisierung trat, auch wenn Blumen schon zuvor sehr beliebt waren, in Deutschland erst in den 1950ern auf. Durch die hier stationierten Soldaten feierte man 1950 in Nürnberg den ersten Valentinsball. Von da an nahm sich der Süßwaren- und Blumenhandel den Tag als perfekte Marketingstrategie und pflanzte Blumensträuße und Pralinen als ultimativer Liebesbeweis in unsere Köpfe. Die Deutschen lieben am meisten Rosen. Deshalb werden jedes Jahr rund um Valentinstag zusätzliche Flugzeuge geordert, die aus Kenia, Kolumbien und Ecuador 1.500 Tonnen Rosen chartern. Eine Unmenge, wenn du dir überlegst, was eine einzige Rosenknospe wiegt. Erstaunlich: Trotz unserer digitalen Welt ist der Valentinstag jedes Jahr aufs Neue äußerst beliebt.

Halloween – warum nur einmal verkleiden im Jahr?

Auch wenn das Rübenschnitzen mit einem ursprünglichen Brauch aus Irland, welcher von Dort aus in die USA kam, verbunden ist, hat Halloween bei uns eigentlich keinerlei Tradition. Wir haben doch Karneval. Oder? Anfang der 90er Jahre wurde aufgrund des Golfkrieges der Karneval abgesagt. Mit massiven, finanziellen Verlusten für die Industrie. Daraus entwickelte sich die »Fachgruppe Karneval im Deutschen Verband der Spielwarenindustrie«, welche sich selbst zuschreibt, Halloween nach Deutschland gebracht zu haben. Frag mal deine Mami oder gar deinen Opa. Da gab es noch kein Halloween! In den USA werden jährlich Milliarden-Beträge für das Ein-Tages-Fest ausgegeben. Und auch hier bei uns steigt der Trend Jahr für Jahr. Die oft aus Polyester hergestellten Kostüme sind Einwegprodukte. Ebenso wie die Dekoration. 50% davon landet nach einem Feier-Tag direkt im Müll. Das Schaurige? Auch bei diesem »Feiertag« unterwandert eine industrielle Interessensgemeinschaft ein Brauchtum, um es für seine Profite zu nutzen.

Verlobungsring – Diamonds are forever?

Der Tausch von Trauringen geht zurück bis in die Zeit der Ägypter. Die Menschen nutzen ziemliche Öko-Ringe, denn es handelte sich um in Kreise geflochtene Ringe aus Hanf oder Schilf. Der Kreis, das Unendliche, sollte die ebenso für die Ewigkeit bestimmte Liebe symbolisieren. Am vierten Finger tragen wir die Ringe, weil die Ägypter glaubten, dass hier eine Vene direkt bis zum Herzen floss. Awww, zur Abwechslung ein bisschen Romantik! Ringe wurden in allen Jahrhunderten vergeben – oft jedoch als Zeichen des Reichtums und des Standes, die das zukünftige Ehepaar in der Gesellschaft hielt.

Doch jetzt wird es leider ziemlich unromantisch. In den 30er Jahren stoß die große Minenfirma De Beers in Afrika auf eine unentdeckt große Menge an Edelsteinen und Diamanten. Das verminderte die Exklusivität der funkelnden Steine. Doch keinen Grund zur Traurigkeit: De Beers machte daraus einfach eine geschickte Marketing-Kampagne, die den Verlobungsring mit Diamant(en) als DAS Zeichen für ewige Liebe und Glück platzierte. Binnen drei Jahren stieg der Konsum an Diamanten um 50%. »A diamond is forever« – tja, auch das ist ein schlauer Werbespruch des Minen-Riesen.

Black Friday – warum Konsum kein Grund zu feiern ist: Valentinstag, Halloween, Cyber Monday, Black Friday, Singles Day, Baby Shower, Bridal Shower

Bridal Shower & Baby Shower – wie viel Konsum ist authentisch?

Shower. Eine Dusche. Sinnbildlich steht diese Art der »Partys« für eine Atmosphäre und ein Event, das sich anfühlt wie eine warme, wohlige Dusche. Glückwünsche, Kuchen, Geschenke. Doch auch Formate wie Bridal Shower oder Baby Shower haben in dieser Form keine kulturellen Wurzeln. In den USA werden diese Partys mit bis zu 200 Gästen veranstaltet. Und das, obwohl das Baby noch gar nicht geboren ist oder die eigentliche Hochzeit noch ansteht.

Der Grundgedanke ist schön. Vor großen Ereignissen noch einmal zusammenkommen. Die werdende Mutter feiern. Die bald Verheirateten noch einmal hochleben lassen. Doch in Zeiten von Social Media und Überkonsum geht es längst nicht mehr darum, Omas leckeren Blechkuchen zu vernaschen und gute Gespräche zu führen. Alles muss ein ERLEBNIS sein. Extravaganz. Organisiert, gestellt, gekauft, geshared.

 

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Fotos: Vidal Balielo Jr./Pexels, Karolina Grabowska/Pexels, Unsplash

 

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