Faire Bezahlung für Blogger – vor welchen Herausforderungen wir stehen

Faire Bezahlung für ecofaire Blogger – vor welchen Herausforderungen wir stehen: Urheberrecht, Medienrecht, Nutzungsrecht, 
Datenschutz
, Werbekennzeichnung, 
journalistische Sorgfaltspflicht, Presserecht
, Panoramafreiheit, Zitatrecht, 
Vertragsrecht
, Modelrelease
, DSGVO
, Cookie-Tracking
, Persönlichkeitsrecht, Impressumspflicht, 
Wettbewerbsrecht
, Abmahnung, 
Markenrecht
, Unterlassungserklärung

Preiskämpfe, Abmahnungen, fehlende Nutzungsrechte für Presse-Fotos und falsche Erwartungshaltungen. Wir zeigen euch, warum unser Magazinalltag ab und zu alles andere als eine Freude ist. Denn leider hört der Anspruch mancher Unternehmen bei fairer Bezahlung und nachhaltiger Zusammenarbeit bei uns Medienschaffenden auf. Daher kannst du uns ab sofort über die Media-Plattform Steady unterstützen.

Ein bisschen schminken, ein bisschen quatschen, ein bisschen mit tollen Menschen reden und dann alles aufschreiben. So stellen sich einige die Arbeit von Blogger:innen vor. Doch unser Magazinalltag ist so viel mehr als das. Und manches Mal bringt uns das, bei all der Inspiration und Freude, auch nachhaltig zur Verzweiflung.

Denn neben der Arbeit an unseren Recherchen, Themen und Artikeln, übernehmen wir noch mehr Verantwortung: Wir werden mit Urheber- und Nutzungsrechten konfrontiert, müssen Health Claims, Wirkversprechen und Siegelzertifikate von Produkten überprüfen. Der Selbstschutz vor Abmahnungen gehört ebenso dazu wie regelmäßige Preisdiskussionen. Für viele unserer Inhalte brauchen wir rechtlichen Beistand. Leider ist das in Zeiten des Internets und einer kaum überschaubaren Informationsflut unabdingbar geworden. Aber auch, weil der Anspruch einiger Unternehmen an #fairpay bei uns ecofairen Blogger:innen aufhört. Und wer schon einmal mit einem oder einer Anwält:in gearbeitet hat weiß, dass man sie leider nicht mit Naturkosmetik Lippenstiften oder biologischen Brotaufstrichen bezahlen kann.

Faire Bezahlung für Blogger – Zeit für Klartext!

Wir haben schon einige Anwalts-Rechnungen bezahlt. Seit der Gründung von Peppermynta investierten wir bis heute bereits Zehntausende Euro. Beispielsweise, um unsere Inhalte vor der Veröffentlichung rechtlich prüfen zu lassen. Gerade, wenn wir große Marken unter die Lupe nehmen, möchten wir uns lieber absichern. Aber auch, um Kooperations-Verträge durchchecken, unser Impressum oder Datenschutz richtig aufzusetzen und regelmäßig prüfen zu lassen. Oder um nach der x-ten Mahnung wieder mal unbezahlten Rechnungen hinterher zu jagen.

Du kannst dir darunter nicht allzu viel vorstellen? Kein Problem: Die nächsten sechs Fallbeispiele öffnen dir die Tür direkt in unseren Magazinalltag. Sie stehen exemplarisch für viele weitere Situationen, die uns in den letzten Jahren begegnet sind. Wir spiegeln sie anhand unserer persönlichen Erfahrung und Meinung wider. Sie sollen dir aufzeigen, warum es so wichtig ist, dass wir uns finanziell unabhängiger machen und den Schritt zu Steady wagen. Denn ein Magazinalltag ist ziemlich kostenintensiv, wenn wir ihn rechtssicher und qualitativ führen wollen.

Fall Nr 1. Die Preisklemme – »Komm´, ich drück noch den Preis«

Ohne Schmu: Über dieses Thema könnten wir ein ganzes Buch schreiben. Seit über fünf Jahren führen wir Peppermynta. Und auch unabhängig von der aktuellen Pandemie-Situation gehört ein kontinuierlicher Preiskampf zu unserer Tagesordnung. Klar, wir leben in einer freien Marktwirtschaft. Und Unternehmen haben immer die Freiheit, ihre Budgets anderweitig einzusetzen. Dafür gibt es von uns vollstes Verständnis. Auch ein gewisser Verhandlungsanspruch ist für uns total fine – schließlich soll sich ja eine potentielle Kooperation auch finanziell für beide Partner richtig anfühlen. Angebote einholen, diskutieren, umplanen – das macht uns keinen Kummer. Sorgenfalten kommen allerdings dazu, wenn Unternehmen uns aus eigenem Interesse anfragen, dann allerdings den angesetzten Preis dafür per se nicht zahlen wollen.

Interne Mail von einem bekannten Fair Fashion Brand, die – wohl aus Versehen – an uns gesendet wurde


Diese E-Mail erreichte uns bereits 2016. Vom einem großen Player in der Fair Fashion Szene. Selbstverständlich sollte sie nicht an uns versandt werden. In der Marketingabteilung des Unternehmens sitzt eine Person, die den gleichen Namen trägt wie ein Mensch in unserer Redaktion. Die E-Mail wurde falsch adressiert. Blöd gelaufen. Passiert. Aufhänger war übrigens die potentielle Teilnahme an einem Adventskalender-Gewinnspiel bei einem reichweitenstarken Blog aus Berlin, den wir sehr schätzen. Wir hoffen, dass sich die beiden Gründerinnen damals nicht »im Preis haben drücken lassen«.

Warum ist diese E-Mail unser Fall Nr.1? Sie unterstreicht die nicht nachvollziehbare Einstellung, die manche, selbst etablierte Unternehmen in der Nachhaltigkeitsbranche besitzen. Und es bringt in wenigen Sätzen auf den Punkt, welche Erfahrungen wir und auch viele andere Blogger:innen mit dem Absender dieser E-Mail über Jahre machten.

Preise drücken. Unterdrücken? Wir können uns nicht davon frei machen, dass wir uns fragen, wo noch an anderer Stelle von diesem Fair Fashion Player die »Preise gedrückt« werden. Werden Textilarbeiter:innen, die für dieses Fair Fashion Brand arbeiten,  vielleicht auch in ihrer Bezahlung »gedrückt«?

Faire Bezahlung geht unserer Meinung nach auch immer mit #fairplay einher. Klar, nicht alle Brands aus der Nachhaltigkeits-Branche müssen untereinander »Best Friends« sein. Doch sie alle stehen für eine gemeinsame, faire und soziale Sache ein. Aber Unternehmen wie dieses Fair Fashion Brand erreichen durch die niedrige Bezahlung von Blogger:innen eine viel höhere Werbewirkung – im Gegensatz erzielen andere Unternehmen, die fair entlohnen, eine vergleichbar niedrigere Werbewirkung. Preise drücken, mehr Geld für Werbung haben, optimalerweise mehr Reichweite und mehr Umsatz und damit mehr Wachstum generieren. Das ist nicht fair! Alle Unternehmen tragen gemeinsam Verantwortung für ein gesundes Marktgeschehen. Und wir sind sowas von dankbar, dass wir über die Jahre tolle Unternehmen gefunden haben, die das genau so sehen.

Selbstverständlich haben wir das Fair Fashion Brand mit der ganzen Thematik konfrontiert und sind über die Jahre mehrmals in einen Dialog gegangen. Der Austausch war interessant, wirklich etwas geändert hat sich allerdings nichts. So viel sei gesagt: Seitdem wurden wir von diesem Fair Fashion Player für keinerlei Kampagnen und bezahlte Kooperationen mehr angefragt.

 

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Fall Nr. 2. Die Unterstellung – Brand-Bidding, bitte was?

Eine gängige Möglichkeit, den ein oder andere Euro in unsere Magazinkasse zu spielen, ist die Nutzung von sogenannten Affiliate-Links. Es funktioniert so ein bisschen wie die Position einer Maklerin – wenn du über unser Magazin bei einem bestimmten Shop ein Produkt kaufst, erhalten wir dafür eine kleine Provision. Eine gute Sache und eine klare Win-Win-Situation, sowohl für uns als Magazin, als auch für Brands und Onlineshops. Wir machen hier sehr gute Erfahrungen. Doch leider trafen wir auch auf ein richtig faules Onlineshop-Früchtchen.

Ein bekannter deutscher Naturkosmetik Onlineshop hat uns ganz ohne Vorwarnung aus seinem Affiliate-Programm geworfen. Für uns basiert eine faire Zusammenarbeit immer auf Kommunikation und Austausch, hier war das leider nicht möglich. Erst auf konkrete Nachfrage informierte uns die Geschäftsleitung darüber, dass wir ihrer Meinung nach Brand-Bidding betrieben haben. Bitte was? Bis dato waren wir mit diesem Begriff noch nie in Berührung bekommen. Wir recherchierten: Es handelt sich nach unserer Information um unlauteren Wettbewerb und Markenverletzung im Online-Marketing. Wir sind aus allen Wolken gefallen. Denn a) würden wir so eine Praktik niemals unterstützen und b) ist so eine Art der Unterstellung wirklich geschäftsschädigend.

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Wir haben per Mail bei dem bekannten deutschen Naturkosmetik Onlineshop nachgefragt


Und haben diese Antwort auf unsere Anfrage erhalten


Wir haben dann einen genaueren Blick auf das Affiliate-Programm des Shops geworfen. Dabei fiel uns auf, dass fast 80% der Provisionen, die an uns ausgezahlt werden sollten, storniert wurden. Klar, manche Menschen schicken Produkte zurück. Aber fast 80% der Naturkosmetik Bestellungen? Selbst in der Modebranche gibt es nicht solche hohen Rücklaufquoten. Das hatte schon ein komisches Geschmäckle. Glücklicherweise erhielten wir Unterstützung über die Affiliate-Plattform und bekamen die ausstehende Provision am Ende doch noch ausgezahlt. Auf Basis von Spekulationen Geld einbehalten und Vereinbarungen einfach auflösen? Nicht cool, nicht fair und alles andere als respektvoll. Wir haben alle Links des Onlineshops aus unserem Magazin entfernt und werden zukünftig nicht mehr mit diesem Naturkosmetik Onlineshop zusammenarbeiten.

 

Fall Nr. 3 Die Abmahnfalle – Ein Fass ohne Boden

Wir lieben unser Magazin sehr, weil wir eine authentische und reichweitenstarke Plattform geschaffen haben, mit denen wir Menschen und Marken Raum und Sichtbarkeit schenken können. Das tun wir immer wieder gern. Für einen rein redaktionellen Artikel erhielten wir von einem jungen Start-Up drei Produkte, die wir testeten, um darüber zu berichten. Für den Artikel ist kein Geld geflossen.

Viele Monate später erhielten wir vom Verband Sozialer Wettbewerb eine Abmahnung, weil wir falsche Wirkversprechen in unserem Artikel platziert hatten und das Start-Up anscheinend wohl gegen Health Claims verstoßen hatte. Hinzu kam, dass einige Namen der Produkte bereits abmahnfähig waren, weil sie das Wort »Detox« enthielten.

Abmahnung vom Verband Sozialer Wettbewerb mit einer sportlichen Frist zur Stellungnahme innerhalb von 10 Tagen.


Man, das war vielleicht ärgerlich! In vielerlei Hinsicht. Zum einen sind wir natürlich selbst schuld gewesen. Denn in Sachen journalistischer Sorgfaltspflicht ist es unser Job, Produkte auf potentielle Wirkversprechen, Health Claims und Produktbezeichnungen zu überprüfen. Denn auch wenn es keinen Spaß macht: Wir als Magazin sind für alle Inhalte auf unserer Seite haftbar. Das gilt für alle Publizierenden, egal ob sie ihren Blog oder Instagram-Account nur als Hobby oder professionell betreiben.

Abmahnungen sind allgegenwärtig und nehmen laut dieser Studie immer mehr zu. Immer wieder gibt es neue Fälle und Sachverhalte – theoretisch bräuchten wir eine eigene Rechtsabteilung, die permanent prüft, welche Begriffe, Wirkversprechen und Aussagen aktuell abmahnfähig sind. Das gilt auch für Artikel, die vor längerer Zeit veröffentlicht wurden. Denn: Das Internet vergisst nichts. Das Prinzip Abmahnung hat natürlich auch ihre Berechtigung: So sollen Verbraucher:innen vor falschen Wirkversprechen geschützt werden. Manche dieser Abmahnungen sind für uns aber auch wenig nachvollziehbar und wecken bei uns den Eindruck, dass sich daraus auch ein gutes Geschäftsmodell machen lässt. Alle Medienschaffende sollten also immer offene Augen und Ohren haben und ihre Inhalte gut absichern.

Denn wir Medienschaffende können z.B. für inkorrekte Datenschutz- und Impressumsangaben, falsche Werbekennzeichnungen auf unserer Seite und Social Media Kanälen haftbar gemacht werden. Haben Brands bei Nutzungsrechten, Markenschutz, Health Claims, Zertifizierungen der Produkte etc. geschludert, laufen Medienschaffende Gefahr abgemahnt zu werden. Ein Fass ohne Boden. Vor allem finanziell. Was wir allerdings nicht vergessen dürfen: Rechtsstreitigkeiten sind nichts ungewöhnliches. Sie kommen in den besten Firmen vor. Wichtig ist nur, dass man entsprechend darauf vorbereitet ist – und sich diese vor allem leisten kann.

Auszüge der Abmahnung vom Verband Sozialer Wettbewerb


In diesem Fall unterstützte uns das Label zwar mit rechtlichem Beistand, aber das alles hätte vermieden werden können, wenn sie uns früh genug in Kenntnis gesetzt hätten. Wir sicherten uns zusätzlich über unseren eigenen Rechtsanwalt ab. Das bedeutete sehr hohe Kosten und einen enormen Arbeitsaufwand, da wir auf sämtlichen Peppermynta Kanälen Inhalte auf den Begriff »Detox« überprüften und das Wort entfernen mussten. Viele Unternehmen wälzen diese Verantwortung auf uns Medienschaffende ab. Manche unwissend, manche vielleicht auch wissentlich. Das ist nicht fair! Schon gar nicht, wenn Artikel unbezahlt sind.

Das Tolle? Es gibt Unternehmen wie zum Beispiel Speick Naturkosmetik oder Cosmondial, zu dem Benecos und GRN [Grün] gehören. Sie stehen von vornherein dafür ein, dass sie sich um diese Problematiken kümmern und sich selbst in der Verantwortung sehen, rechtlich geprüfte Pressemeldungen an Medienschaffende weiterzugeben. Oder eben auf entsprechende Abmahnfähigkeit hinweisen. Auch das Sneaker-Label Ella & Witt hat uns vor unserer Zusammenarbeit darüber in Kenntnis gesetzt, dass beispielsweise die Bezeichnung »veganes Leder« abmahnfähig ist. Diese Transparenz und Verantwortung wünschen wir uns von allen Unternehmen in der Nachhaltigkeitsbranche.

 

Fall Nr. 4 Das Foto-Desaster – Bild dir deine Meinung

Ein Thema, über das wir bereits ausführlich in unserem Weleda-Artikel gesprochen haben: Urheber- und Nutzungsrechte von Bildmaterial. Doch leider auch ein Thema, das nach wie vor zu den häufigsten Problemen in unserem Alltag gehört. In Deutschland gibt es klare Regelungen in Sachen Urheber- und Nutzungsrechte von Bildmaterial. Unternehmen, die Presse-Fotos zur Verfügung stellen, brauchen dafür die entsprechenden Rechte. Diese kosten die Unternehmen Geld. Viele Marken umgehen hier hohe Kosten, indem sie beschränkte Nutzungsrechte erwerben. Zum Beispiel zeitlich eingeschränkt, so dass die Nutzungsrechte z.B. schon nach einem Jahr ablaufen. Oder auch räumlich beschränkt, was bedeutet, dass sie beispielsweise nur für EU und UK gelten. Betrachten wir den Begriff World-Wide-Web genauer, dann wird schnell klar, was hier falsch läuft: Eine räumliche Begrenzung von Fotomaterial ist nicht möglich, denn auf www.peppermynta.de können Menschen aus der ganzen Welt zugreifen. Wir haben mittlerweile über 800 Artikel auf unserem Blog und tausende Bilder auf unseren Socialmediakanälen. Stell dir vor, wir müssen für jeden einzelnen immer wieder die Nutzungsrechte prüfen und ggf. Bilder aktualisieren. Eine nicht machbare Sisyphos-Aufgabe, die aber von einigen Brands immer wieder gerne als Lösung vorgeschlagen wird. Es ist natürlich auch sehr praktisch für die Brands, wenn alte Artikel immer wieder von uns mit brandneuen Bildern aktualisiert werden würden.


Diese Pressemeldung einer PR-Agentur erreichte uns mit einem Download-Link zum aktuellen Lookbook eines Fair Fashion Brands. Ohne jegliche Angaben zu den Nutzungsrechten.



Wir haben dann bei der PR-Agentur nachgefragt, ob das Brand die vollumfänglichen Nutzungsrechte der Bilder besitzt und diese Mail kam als Antwort darauf.


Die beiden Screenshots zu diesem Fallbeispiel stammen von der PR-Agentur eines großen Fair Fashion Brands. Der Klassiker: Wir bekommen über eine Pressemeldung einen Download-Link für PR-Fotos bereitgestellt. Diese Fotos können heruntergeladen und verwendet werden. Aber – und das ist wichtig – das Unternehmen bzw. die zuständige PR-Agentur teilt uns keinerlei Informationen zu den Nutzungsrechten mit, z.B. ob der / die Fotograf:in genannt werden muss oder wie lange die Bilder zeitlich zur Nutzung zur Verfügung stehen. Das bedeutet für uns: Immer wieder nachfragen und absichern. Unserer Meinung nach sollte es selbstverständlich sein, dass Unternehmen / Pressestellen über die Nutzungsrechte informieren. Doch es geht noch weiter…

Das größte Paradoxon? Einerseits gibt das Fair Fashion Brand selbst keine vollumfänglichen Nutzungsrechte für Presse-Fotos heraus und sagt dazu: »Zeitlich unbegrenztes und weltweit nutzbares Bildmaterial pro Kollektion ist unbezahlbar.« Daher hat es anscheinend eine viel günstigere Lösung gefunden: Das Fair Fashion Brand erwartet nämlich andererseits von Blogger:innen im Zuge einer Kooperation die unentgeltliche Übertragung von Nutzungsrechten. Leider sind nach wie vor viele Blogger:innen nicht richtig aufgeklärt und geben die Rechte an ihren Bildern sehr leichtgläubig und meistens unbezahlt ab. Damit werden nicht nur professionelle Fotograf:innen vom Markt gedrängt, die Unternehmen zahlen auch nicht die Preise, die diese hochwertigen Inhalte eigentlich sonst kosten würden.

Die Übertragung der Bildrechte wird in der Regel mit einem Vertrag festgehalten. Wir haben schon einige dieser Verträge gesehen. Und holla die Vertrags-Fee: Die haben es oft in sich. Für uns geht die Rechnung von »nur eingeschränkte Nutzungsrechte für Presse-Bilder herausgeben« und »vollumfängliche Nutzungsrechte von Blogger:innen beanspruchen« leider nicht auf. Außerdem gibt es in den Verträgen auch oft Absicherungen durch die Unternehmen, in denen Blogger:innen sämtliche Verantwortung ihres Bildmaterials übernehmen müssen. Es scheint so, als ob sich viele Brands doch sehr wohl mit der Bildrechts-Thematik auskennen.

Ein Nutzungsrechtskonflikt kann für einen Blog oder ein Magazin das Ende bedeuten. So hat uns die Geschichte von Berit vom Blog Shopazine sehr ergriffen. Sie berichtet darüber, dass sie im Zuge einer Kooperation Presse-Bilder von einem riesigen Onlineshop für Mode zur Verfügung gestellt bekommen hat, für die das Unternehmen anscheinend wohl keine vollumfänglichen Nutzungsrechte besaß. Am Ende musste sie nach eigener Aussage eine fünfstellige Summe an Gerichtskosten tragen und sich von ihrem Blog verabschieden. Unfassbar traurig, wenn sich das so zugetragen hat!

Never Ending Story? Weil dieses Thema sehr komplex ist, haben wir ein sehr aufschlussreiches Interview mit unserem Anwalt und Medienrechtsexperten Thore Levermann geführt. Morgen gibt es dazu mehr.

Fall Nr. 5 Die Zahlungsmoral – fair pay dann wenn’s passt?

Ein Magazin hat Fixkosten. Beispielsweise für Hosting, Buchhaltung, Steuerberatung oder die Löhne der Redakteur:innen. Wir haben ständig Kosten – das haben Unternehmen, die mit uns arbeiten, natürlich auch. Doch nichts davon rechtfertigt, dass Rechnungen in genannten Zahlungszielen nicht beglichen werden. Klar, so eine Überweisung kann schon mal durchrutschen auf einem vollen Schreibtisch. Und manchmal fehlt wirklich das Geld. Dann wünschen wir uns, dass Unternehmen das offene Gespräch mit uns suchen und wir gemeinsam eine Lösung finden. Aber so oft mussten wir nach etlichen Mahnungen bereits Anwälte einschalten, um ausstehende Zahlungen zu erhalten.

Das ist in Sachen Wertschätzung leider alles andere als fair. Darüber hinaus ist es ein hoher Zeitaufwand, den wir lieber in kreative Ideen und Artikel investieren würden. Es gibt Tage, da haben wir die Vermutung, dass manche Unternehmen ganz genau wissen, dass die meisten Medienschaffenden für solche Klecker-Beträge keinen Anwalt einschalten würden, da sich der Kosten-Nutzen-Aufwand gar nicht lohnen würde.

 

Fall Nr. 6 Die Erwartungshaltung – Bloggen darf nur ein Hobby sein

Bei diesem Fall muss ich aufpassen, dass die aufgebrachte Feministin in mir nicht rücklings vom Stuhl kippt. Diese Mail erreichte uns von einem PR- und Marketingberater eines deutschen Bio-Saftherstellers. Neben dem Mansplaining-Flavour spielen hier noch ganz andere, merkwürdige Erwartungshaltungen mit rein. »Ich komme noch aus einer Zeit, in der Blogger gar kein Geld bekommen haben«. Goooood morning sunshine! Zeiten ändern sich. Menschen pressen sich ihren Saft ja auch nicht mehr nur Zuhause aus, sondern gehen dafür in den Supermarkt und zahlen gerne für einen guten Bio-Saft. Wer hätte das gedacht?


Diese Antwort erreichte uns von einem PR- und Marketingberater eines Bio-Saftherstellers, den wir letztes Jahr angefragt hatten, ob er uns bei dem Thema »faire Bezahlung für ecofaire Blogger:innen« unterstützen möchte.


Bloggen ist kein Hobby! Es kostet Zeit und Geld und kommt mit einer gehörigen Portion Verantwortung daher. Wir und viele, weiter tolle Blogger:innen teilen Expertise, Erfahrung und Rechercheergebnisse, sind authentisch und müssen dafür fair bezahlt werden. Punkt. In vielen Köpfen ist verankert, dass »Bloggen« kein richtiger Beruf ist. Erst vor Kurzem habe ich dazu bei Influencerin Dariadaria eine interessante Story gesehen: Viele erfolgreiche Blogger:innen und Influencer:innen sind weiblich, das gesamte Berufsbild ist weiblich. Klar, dass in unserem patriarchalen Wirtschaftssystem erfolgreiche Frauen belächelt werden.

Drehen wir die Sichtweise dieses Mannes um, so haben Journalist:innen keinen inneren Antrieb, weil es ihr Beruf ist? Ein sehr enges Gedankenkonstrukt. Am Ende dann mit Whataboutism und schlechter Bezahlung von Vollzeit-Journalist:innen einen Abgang zu machen, ist einfach nur traurig und zeigt: Da möchte jemand die Zeichen der Zeit nicht wahrnehmen. Doch das ist bedenklich – auch für einen Saftladen.

Was viele Firmen nicht berücksichtigen: Sie erzielen sehr viele Vorteile von einer authentischen Zusammenarbeit mit Blogs. Die sogenannten Backlinks, die auf Blogs integriert werden, erhöhen die digitale Sichtbarkeit. Die Kehrseite? Jeder Blog, der nur noch ohne aktiven Traffic vor sich rumdümpelt oder wegen rechtlicher Probleme oder Unterbezahlung Goodbye sagt, ist ein Rückschlag für Firmen. Denn ihre wertvollen Backlinks und die damit einhergehende Sichtbarkeit im Netz gehen verloren.

Unterm Strich: Keine gute Investition. Es bringt also auf lange Sicht nichts, zu wenig Geld zu bezahlen. Es schadet Brands ebenfalls, wenn sich reichweitenstarke Blogger:innen und Influencer:innen aus der Eco-Bubble aus finanziellen Gründen verabschieden müssen und die Vielfalt immer geringer wird.

Unser Arbeit stärkt Produkte und Kampagnen mit unserer Expert:innen-Meinung, mit neuen Blickwinkeln und Denkanstößen. Wir kennen die Sprache unserer Community und sehen Produkte und Aktionen ganz ohne die Marketing-Brille. Aber das geht leider nicht für umme.

Wir wachsen mit unseren Aufgaben

Das Gute an all dieser Misere? Wir lernen jeden Tag neu dazu. Wir machen Erfahrungen, werden besser, professioneller, weiser – und können unsere Erkenntnisse mit euch teilen. Darauf sind wir stolz. Denn es gab bis heute schon einige Situationen, in denen es wirtschaftlich gesehen vielleicht schlauer gewesen wäre, Peppermynta an den Nagel zu hängen. Aber no way! Auch wenn all diese beschriebenen Fälle Zeit, Geld, Tränen und auch Motivation kosteten, so glauben wir immer noch daran, dass wir etwas verändern können.

Wir ändern viel, indem wir uns professionalisieren. Das gilt für unsere Inhalte, unsere Arbeit und ebenso für unser Standing. Nein zu unfairen Preisen. Nein zu unmoralischen Angeboten und merkwürdigen Verträgen. Ja zu Transparenz, offenen Dialogen und Zusammenarbeit auf Augenhöhe – vom ersten Brainstorming bis zur Bezahlung.

 

Fotos: Jana Rothe

 


Rechtsanwalt Thore Levermann, Fachanwalt für Medienrecht, Urheberrecht, NutzungsrechtDieser Artikel wurde vor Veröffentlichung rechtlich geprüft. An unserer Seite? Thore Levermann – Rechtsanwalt unserer Herzen. Er begleitet uns bereits seit einigen Jahren zuverlässig und mit vollem Einsatz zu allen rechtlichen Fragen rund um Peppermynta. Thore Levermann ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, für gewerblichen Rechtsschutz und Spezialist im Datenschutzrecht. Er berät zahlreiche Influencer:innen, Blogger:innen sowie Fotograf:innen und ist darüber hinaus Dozent für Presserecht an der Akademie für Publizistik. Thore Levermann ist Gründungspartner der Hamburger Kanzlei WLHK und selbstverständlich auf allen digitalen Wegen erreichbar.