Peppermynta Lockdown – warum wir eine Pause machen müssen

Peppermynta Lockdown – warum wir eine Blogpause machen müssen

Der Akku ist leer, das Herz ist müde. Das Arbeiten in der Nachhaltigkeitsbranche kann ein ganz schöner Kraftakt sein. Eigentlich ein Unding, denn wir lieben, was wir tun – doch zu welchem Preis? Warum wir im Juli eine Blogpause einlegen, wie es weitergeht und was das Thema faire Bezahlung damit zu tun hat.

Wir haben ein grünes Gewissen. Einen kritischen Blick. Wir haben den Mut, auch einmal unangenehme Fragen zu stellen. Und wir versuchen, auch hinter die Kulissen zu schauen. Wir arbeiten nur mit Marken, die unsere Werte teilen. Und wir haben den Anspruch, immer wieder tolle, neue, wissenswerte Themen für euch aufzubereiten. Von Mode bis Konsumkritik, von Naturkosmetik bis Umweltsünden. Während du diesen Artikel liest, ist dir vielleicht etwas aufgefallen. Genau: Du musst nichts dafür tun, außer auf den Beitrag zu klicken und los zu lesen. Und das soll so bleiben. Uff – nicht so ein Jammerartikel. Nee. Versprochen. Das wird es nicht. Es gibt nur einen Trend, den wir in den letzten Jahren immer schärfer beobachten. Und über den wir sprechen müssen: Die Bezahlung von ecofairen Bloggern.

Peppermynta Lockdown – warum wir eine Blog Pause machen müssen

Vom Blogazine leben? Warum wir es leid sind, über Wertschätzung zu diskutieren

Om Shanti, Karmapunkte und Weltretter:innen-Stimmung. Als ich angefangen habe, für die nachhaltige »Szene« zu schreiben, da habe ich mich auf Liebe gefreut. Auf Zusammenhalt. Auf ganz viel: »Wir schaffen das!« und mindestens genauso viel Fairness in Sachen Bezahlung. Allen gegenüber. Doch nach einiger Zeit ernüchterte sich mein Blick. Denn Nachhaltigkeit hin oder her: Natürlich wollen Firmen ihre Produkte verkaufen, Gewinn machen, wirtschaftlich sein. Das verstehen wir absolut. Allerdings sind viele nicht bereit, für ihre Werbung Geld in die Hand zu nehmen. Warum?

Ecofaire Firmen stehen für Wertigkeit, faire Produktion, soziale Arbeitsverhältnisse und Umweltschutz. Diese Werte werden als Werbebotschaften genutzt. Oft werden sie auch gelebt. Doch leider haben wir schon einige Male die Erfahrung gemacht, dass diese Werte nur bis zu einer gewissen Schwelle reichen. Einige Marken erwarten von ecofairen Bloggern, dass sie kostenfrei die frohe Kunde ihrer Werbebotschaften in die Welt tragen sollen. Oft werden dafür Produkte angeboten. Das kann manchmal schön und auch echt praktisch sein. Manchmal aber alles andere als ausreichend, wenn die Miete gezahlt werden muss oder der Magen knurrt. Eines ist uns wichtig: Es gibt wirklich unfassbar tolle, wertschätzende und faire Unternehmen, mit denen wir auch schon heute arbeiten. Dafür sind wir unfassbar dankbar. Doch gleichzeitig gibt es auch viele, die das nicht tun.

Peppermynta Lockdown – warum wir eine Blog Pause machen müssen

Klar – man hat immer die Freiheit, sich für oder gegen eine Zusammenarbeit zu entscheiden. Aber oft ist das Geld so knapp und die Notwendigkeit, Geld zu verdienen, so dringlich, dass doch auf den eigentlich nicht fairen und nicht wertschätzenden Deal eingegangen wird. Wir haben erlebt, dass auch nachhaltige Unternehmen versuchen, davon zu profitieren. Nicht unbedingt in böser Absicht: Gerade viele kleine Labels haben oft kein Budget für Marketing. Andere schließen es bewusst in ihrem Businessplan aus und setzen das Geld lieber anderweitig ein. Aber bedeutet das automatisch, dass wir deshalb kostenfrei arbeiten müssen? Weil sie kein Geld haben oder es nicht in die Hand nehmen wollen? Ich finde nicht. Natürlich ist es toll, über Neuigkeiten auf dem Laufenden gehalten zu werden. Gleichzeitig ist den meisten Marken wohl anscheinend nicht bewusst, wie viel Arbeit hochwertiger Magazininhalt in Anspruch nimmt. Diese Diskussion macht uns müde. Und wir wissen, dass wir nicht die einzigen ecofairen Blogger sind, die das Thema umtreibt. Auch nicht erst seit der Corona-Krise.

Peppermynta Lockdown – warum wir eine Blog Pause machen müssen

Geld bedeutet in unserer Gesellschaft Wertschätzung. Das ist okay. Ich bin studierte Geisteswissenschaftlerin, Fenja ausgebildete Designerin. Wir haben so viel Erfahrung und Know-how gesammelt in den letzten Jahrzehnten. Die Arbeit, die wir leisten, ist wertvoll. Weder Fenja noch ich noch irgendeine andere Person aus unserem Team möchte in Saus und Braus leben. Im Gegenteil: Wir lehnen ungefragte PR-Pakete ab, haben lieber weniger als mehr und versuchen, so gut wie möglich, einen minimalistischen Lebensstil zu führen. Wir haben normale Wohnungen, kaufen gerne im Bio-Supermarkt ein und machen Urlaub an der Nordsee oder in den Alpen. That’s it. Keine Statussymbole, keine Weltreisen, kein Glamour. Einfach nur ein gutes, normales Leben. Doch viele Male fühlt es sich so an, als müssten wir um die Wertschätzung, die es braucht, um uns ein normales Leben zu finanzieren, kämpfen. Wir wollen aber nicht mehr kämpfen.

Mir ist vollkommen klar, wie privilegiert wir sind. Und auch, dass das gesamte Thema eigentlich eine übergreifende Kapitalismuskritik sein müßte, aber dieses umfangreiche Thema müssen wir ein anderes Mal diskutieren. Das können wir an dieser Stelle nicht ausreizen. Gleichzeitig ist diese Diskussion essentieller Teil unseres Magazinalltags. Wir haben einmal durchgerechnet: Es gibt Projekte, bei denen verdienen wir einen Stundenlohn, der deutlich unter dem gesetzlichen Mindestlohn liegt. Nicht fair! Und für uns auch wieder ein guter Punkt, um zu betonen, wie großartig wir das bedingungslose Grundeinkommen für alle finden.

Peppermynta Lockdown – warum wir eine Blog Pause machen müssen

Woanders Arbeiten, um sich Peppermynta leisten zu können

Hand aufs Öko-Herz: Seitdem ich für und mit Peppermynta arbeite, habe ich immer noch eine dicke Handvoll anderer Textarbeiten, damit ich mir die Arbeit hier leisten kann. Warum ich das mache? Weil ich unsere Plattform liebe. Ich glaube an die Kraft von guten Botschaften. An die Veränderung, die wir durch Transparenz und Aufklärung schaffen können. Aber diese Botschaften müssen authentisch, gut geprüft und hochwertig sein. Das kostet vor allem Zeit. Und an der ein oder anderen Stelle richtig viel Geld.

Außerdem haben wir den Anspruch, dass sich die Balance unserer Inhalte von Werbung und redaktionellem Content in Waage hält. Natürlich stehen wir hinter allen Kooperationsbeiträgen, die den Weg in unser Blogazine finden. Gleichzeitig könnten wir den Werbeanteil noch weiter senken, wenn mehr Marken unsere Arbeit fair entlohnen würden. Ob sich diese Lage in den nächsten Monaten verbessern wird? Wir wissen es nicht – und auch dieses Nicht-Wissen kostet viel Kraft!

Peppermynta Lockdown – warum wir eine Blog Pause machen müssen

Fair for all! Nur ein Traum?

Wir arbeiten mit Fotograf:innen, Stylist:innen, Hair & Make-Up Artists, IT-Spezialist:innen und Anwält:innen – um euch tolle Beiträge und sichere wie verlässliche Informationen bieten zu können. Der aktuelle Artikel über NU-IN zum Beispiel hat binnen weniger Stunden zigtausende Klicks erreicht und uns wieder einmal gezeigt, wie wichtig und wertvoll unsere Arbeit ist. Wir haben sehr viele Kommentare und Nachrichten von unseren Leser:innen erhalten, die sich wünschen, dass wir solche Artikel viel öfter ausarbeiten. Dass wir wochenlang recherchieren und am Ende sogar noch Geld investieren, um den Artikel mit zwei versierten Anwälten zu erarbeiten, weiß kaum jemand.

Das Thema Geld ist omnipräsent. Und auch wir schauen hier auf eine durchmischte Geschichte zurück. Als ich angefangen habe, für Peppermynta zu schreiben, tat ich das kostenlos. Weil ich meine Gedanken teilen und weil ich Teil davon sein wollte, Peppermynta zu etwas Großem zu machen. Das Magazin ist gewachsen, wir erreichen jeden Monat Hunderttausende Menschen. Und wir verdienen Geld mit der Plattform. Allerdings nicht genug. Oft verzichten wir eher auf Geld, damit wir Mitarbeiter:innen fair vergüten können, Aber auch das ist keine nachhaltige Lösung – vor allem nicht für unseren Stresslevel. Und ebenso wenig für unsere Wertvorstellungen, denn wir wollen keine Menschen umsonst oder für zu wenig Geld für uns arbeiten lassen. Das ist nur eine andere Form von Ausbeutung

Die letzten Wochen waren tough. Fenjas Corona-Erkrankung hat uns alle aus der Bahn geworfen. So krank zu sein und zu wissen, dass kaum Rücklagen da sind, ist hart und macht die oft ungewissen Wochen in Sachen Bezahlung nicht gerade einfacher. Gleichzeitig überschwemmte uns eine Flut an oft unempathischen Hilferufen von jungen Labels, Start-Ups, aber auch von etablierten Firmen, deren Werbebotschaften wir kostenfrei im Magazin platzieren sollten.

Wir müssen heute den Pauseknopf drücken. Den Kopf frei pusten. Das Herz mit neuer Motivation aufladen. Die letzten Jahre reflektieren. Und uns die Frage stellen: Wo wollen wir mit Peppermynta hin. Und vor allem: Zu welchem Preis? Im Juli bleibt die Redaktion deshalb geschlossen.

 

Was denkst du? Was muss sich ändern, damit auch Medienschaffende fair bezahlt werden? Was sind deine Gedanken, deine Erfahrungen? Teile sie gerne auf Facebook oder Instagram mit uns.

 

Fotos: Jana Rothe