Treedom Kritik – warum wir keine Kooperation mit dem Baumpflanz-Portal eingehen wollten

Treedom Kritik – warum wir keine Kooperation mit dem Baumpflanz-Portal und Aufforstungsprojekt eingehen wollten. Greenwashing für Grokonzerne und Global Player? Ist Bäume pflanzen, Bäume verschenken ein moderner Ablasshandel?

Ist Bäumepflanzen der Ablasshandel der Moderne? Wir haben eine Kooperation mit Treedom abgelehnt, weil über das digitale Baumpflanz-Portal unserer Meinung nach Greenwashing von Großkonzernen betrieben wird. Weshalb wir so denken und warum wir an Treedom Kritik üben müssen.

Ich liebe Bäume. Wirklich! Jeden Einzelnen. Groß und knubbelig, klein und nadelig oder rund und buschig. Ich umarme sie, ich verweile darunter, manchmal stundenlang. Ich liebe Bäume vor allem, weil sie nicht nur gesund für unseren Körper, sondern auch wahre Klimaretter sind. Die ETH Zürich hat sogar in einer 2019 veröffentlichten Studie die These aufgestellt, dass es mögliche sei, 2/3 des verursachten CO₂ zu kompensieren, wenn die verfügbaren Flächen auf der Erde neu bewaldet werden. Die Studie wird international unterschiedlich bewertet. Allerdings ist eines nicht von der Hand zu weisen: Bäume nutzen CO₂, um daraus O₂, also Sauerstoff, herzustellen und sind somit in der Tat eine großartige Lösung im Kampf gegen den Klimawandel.

Treedom Kritik – gut gemeint ist nicht gut gemacht

Anfang Dezember klopfte das italienische Unternehmen Treedom bei uns an. Ich selbst hatte letztes Jahr erst Bäume über die Plattform gekauft und verschenkt. Die Idee ist in ihren Grundzügen toll: Über symbolische Spendenbeiträge werden Bäume gepflanzt. User:innen können sich über Treedom vernetzen und gemeinsam ihre Baumschützlinge beobachten. Eine Guave in Nepal. Ein Banananebaum im Kenia oder eine Kakao Pflanze in Kamerun. Treedom arbeitet nach eigenen Angaben lokal, unterstützt die Communities vor Ort und wählt hauptsächlich ertragreiche Bäume aus, mit denen die Kleinbauern nach der Projektzeit gewinnbringend und versorgend arbeiten können.

Wir planten eine gemeinsame Kooperation zum Weihnachtsgeschäft. Klar: Einen Baum zu verschenken ist ja irgendwie auch nachhaltiger, als das x-te Geschenk, das keine:r braucht. Im Zuge dessen stellten wir dem Unternehmen vorab einige Fragen. Unter anderem diese hier:

»Ihr arbeitet mit Global Playern wie beispielsweise McDonalds oder Colgate zusammen? Wie passt das zu einer ökologischen Vision und einem nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen?«

Es folgte die Bitte der zuständigen PR-Frau: »Gern würden wir von Frage 3 absehen und eher noch etwas tiefer zum Beispiel auf Bäume als Geschenk eingehen.« Die Passage, in der Großkonzerne beim Namen genannt wurden, sollte gestrichen werden.

Damit einhergehend erreichte uns eine unserer Meinung nach schwammige Antwort zu dieser Frage:

Das machte uns mehr als stutzig. Denn gerne hören wir Menschen und Unternehmen zu und versuchen, ihre Ansätze und Entscheidungen zu verstehen oder nachzuvollziehen. Doch je länger wir über die veränderte Frage und deren Antwort nachdachten, umso merkwürdiger kam uns das Ganze vor und umso lauter wurde unsere innere Kritik. Und wir fingen an, Treedom noch einmal gründlich zu durchleuchten.

Treedom Kritik – warum wir keine Kooperation mit dem Baumpflanz-Portal eingehen wollten

Verwurzelt mit Großkonzernen – Bäume pflanzen als moderner Ablasshandel

Neben dem Endkundengeschäft, also Privatpersonen wie du und ich, die Bäume über Treedom kaufen, arbeitet das italienische Unternehmen mit vielen Großkonzernen zusammen. Global Player. Die oft im Zusammenhang mit der Zerstörung der Erde oder der Ausbeutung von Menschen und Tieren stehen – dazu gleich mehr. Diese Großkonzerne findest du zu Hauf als Kooperationspartner bei Treedom: McDonald’s, Nespresso, Colgate, Nestlé oder H&M. Nur, um einen kleinen Überblick zu geben.

Diese Global Player pflanzen über Treedom Bäume, nutzen die Pflanzaktionen für die eigene Kommunikation oder verknüpfen sie mit Werbeaktionen. Das ist für uns wie eine Art moderner Ablasshandel. Im Mittelalter erwarben die Menschen Ablassbriefe von der Kirche, um sich von ihren Sünden freizukaufen und nicht ins Fegefeuer zu kommen. Heute kommen die Umweltsünder nicht ins Fegefeuer – wir kommen alle mit ihnen: Denn weiter steuern wir unaufhaltsam auf die Erderwärmung zu. Bäume werden also von Jahr zu Jahr immer wichtiger. Doch was passiert? Ganze Wälder fallen der Wirtschaft zum Opfer. Doch nicht einfach so – es geschieht, weil Konzerne und Menschen, die diese Konzerne führen, die Entscheidungen dazu treffen. Die gleichen Konzerne nutzen dann Online-Plattform, um Baumsetzlinge fürs Klima zu kaufen, bei denen es Jahrzehnte braucht, bis sie den Effekt erbringen können, den die getöteten Bäume auf die Erde hatten. Erst zerstören und sich dann über Pflanzaktionen freier von Schuld machen? Funktioniert für uns nicht!

Treedom Kritik – warum wir keine Kooperation mit dem Baumpflanz-Portal eingehen wollten

Warum? Die Waldzerstörung geschieht systematisch. Dabei wird nirgends sonst auf der Welt so viel Wald abgeholzt wie in Südamerika. 2018 wurde laut Greenpeace eine Fläche abgeholzt, die 11 x so groß ist wie Berlin. Zwischen August 2018 und Juli 2019 ist die Abholzungsrate um 30 Prozent gestiegen. Das ist die höchste Abholzungsrate seit 2008. Schuld sind der Holzhandel, die Papiergewinnung, Palmölplantagen – aber vor allem der Sojaanbau. DW berichtet, dass Bunge und Cargill, zwei der weltweit größten Sojaproduzenten, in Brasilien für den Verlust von knapp 700.000 Hektar Regenwald innerhalb von vier Jahren verantwortlich sind. Dieses Soja wird für die Viehindustrie als Futtermittel genutzt – vor allem von Fast Food Ketten wie McDonald’s.

Die über McDonald’s gepflanzten Bäume sollen bis heute laut Treedom 8.801.025 kg CO₂ gebunden haben. Meiner Meinung nach ein Fliegenschiss, wenn wir beachten, dass McDonald’s 2018 laut Statista alleine in Deutschland bereits 1,44 Millionen Tonnen CO₂, also 1.440.000.000 kg CO₂, verursacht hat. Der Systemgastronomie-Gigant ist in über 20 Ländern vertreten. Fast unvorstellbar, wie viele Milliarden kg CO₂ da wohl weltweit zusammenkommen.

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Ähnliches gilt für H&M: Zwar hat der riesige Fast Fashion Hersteller seine Emission in den letzten Jahren immer wieder verringert. Aber sie liegen laut Statista weiterhin bei 61.462.000 kg CO₂ in 2019. Ein paar Bäume helfen da auch nicht weiter. Definitiv auch nicht all den Menschen, die unter unwürdigen Bedingungen Kleidung herstellen müssen. Menschen, die in diesem Jahr von dem schwedischen Großkonzern im Stich gelassen wurden, weil er bereits bestehende Aufträge in Bangladesch aufgrund der Corona-Krise stornierte – und keinen Ausgleich für die betroffenen Arbeiter:innen schuf.

Über Nespresso kam erst in diesem Jahr durch eine investigative Reportage von Channel 4 ans Licht, dass der Kapselkaffeehersteller Kaffee von Plantagen in Guatemala bezieht, auf denen Kinderarbeit an der Tagesordnung steht.

Nach dem Abholzen ist vor dem Abholzen?

Ohne Frage: Wälder können bewirtschaftet werden. Ökologisch, fair und umweltbewusst. Holz ist ein grandioser Baustoff und die lokale Forstwirtschaft ist oft ein wichtiger, regionaler Wirtschaftszweig. Was aber nicht geht sind umweltzerstörerische Praktiken, die dann mit ein paar mickrigen Pflanzaktionen wieder grün gewaschen werden sollen. Etwas anderes bedeuten diese Aktionen für uns nicht: Denn würden Großkonzerne beginnen, sozial, umweltfreundlich und in Einklang mit der Natur zu arbeiten, dann bräuchte es weder Aufforstungsprojekte noch Retter-Organisationen wie Treedom, weil Menschen im globalen Süden dann von Vornherein fair entlohnt werden würden.

Was denkst du? Ist es löblich, wenn Großkonzerne Gutes tun? Sind wir zu streng? Ist es eine Perspektive, Bäume zu pflanzen? Besser, als wenn die Konzerne gar nichts tun? Teile deine Meinung via Instagram oder Facebook mit uns.

Treedom Kritik – warum wir keine Kooperation mit dem Baumpflanz-Portal eingehen wollten

Es wächst auch anders – Aufforstungsprojekte, hinter denen wir stehen

Bäume sind für mich unfassbar schöne, mysteriöse, starke Lebewesen. Sie produzieren nicht nur Sauerstoff. Sie schützen unsere Böden, unterstützen die biologische Vielfalt und sind wichtiger Lebensraum für Tiere und Insekten. Es gibt also keinen Grund, kein Baum-Fan zu sein, sind sie doch auch für uns eine unabdingbare Lebensgrundlage.

Wie wäre es, in diesem Jahr in echte Bäume zu investieren und den Tannenbaum im Wald stehen zu lassen? Damit rettest du nicht nur eine Tanne, sondern trägst auch langfristig zur Bekämpfung des Klimawandels bei. Hier findest du vier tolle Alternativen, um Aufforstungs- und Baumprojekte zu unterstützen:

Die nachhaltige Suchmaschine Ecosia pflanzt jedes Jahr Millionen von Bäumen. Und das mit jeder deiner Suchanfragen. Ein Wechsel zu der grünen Suchmaschine lohnt sich allemal. Aktuell bietet Ecosia sogar einen eigenen Pop-Up Store an, in dem du Bäume für 2,50 Euro bekommst. Du kannst Bundles von 5, 10, 20 oder 40 Bäumen kaufen oder, noch schöner, verschenken.

Der etablierte Naturschutzverein Nabu hat ein eigenes Waldpatenschafts-Programm mit regionalen Projekten in Deutschland, die Wälder schützen und sie mit freiwilligen Ortsgruppen wieder neu aufbauen.

Ähnlich fungiert der Verein Bergwaldprojekt. In Österreich, Deutschland und der Schweiz gibt es in den Bergen, aber auch in anderen Landschaftsgebieten immer wieder Aufforstungswochen. 1991 als ökologische Arbeitseinsätze mit Freiwilligen gegründet, wurden seitdem mehr als 3 Millionen Bäume gepflanzt, Hunderte Hektar Wald und Biotope gepflegt, Schutzwälder saniert, viele Wildbäche renaturiert und Dutzende Hochmoore wiedervernässt. An einer Aufforstungswoche teilzunehmen steht nach wie vor auf meiner Baum-Wunschliste.

 

Treedom Kritik – warum wir keine Kooperation mit dem Baumpflanz-Portal eingehen wollten

Treedom Kritik – warum wir keine Kooperation mit dem Baumpflanz-Portal eingehen wollten

The Generation Forest ist als Genossenschaft organisiert und hat sich auf den Aufbau von naturnahen Regenwäldern spezialisiert. Um ihr Konzept zu finanzieren, verkaufen sie Genossenschaftsanteile, die in die Wälder reinvestiert werden. Dafür arbeiten sie mit Kleinbauer und Wanderarbeiter:innen unter sozialen und fairen Bedingungen zusammen. Durch nachhaltige Forstwirtschaft, zu fairen Arbeitsverhältnissen vor Ort, erwirtschaftet The Generation Forest eine grüne Dividende für ihre Mitglieder und setzt sich so aktiv gegen den Klimawandel ein.

 

Treedom Kritik – warum wir keine Kooperation mit dem Baumpflanz-Portal und Aufforstungsprojekt eingehen wollten. Greenwashing für Grokonzerne und Global Player? Ist Bäume pflanzen, Bäume verschenken ein moderner Ablasshandel?

Mein Lieblings-Tipp fürs Bäume verschenken? Eine selbstgemachte Waldkarte. Dafür brauchst du eine Blanko-Klappkarte aus buntem Karton sowie einen Streifen doppelseitiges Klebeband. Den Streifen vorne auf die Karte kleben, ab in den Rucksack damit und die Karte im Wald mit deinen liebsten Naturmaterialien bekleben. Kleiner Tipp: Die Karte vorab beschreiben, das ist am Ende etwa einfacher im Handling.

 

Fotos: PR, Boudhayan Bardhan/Unsplash, Gryffyn M/Unsplash, James Baltz/Unsplash, Sebastian Unrau/Unsplash

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