Earth Overshoot Day 2020 – warum wir nicht alles auf null setzen können

Earth Overshoot Day 2020 – warum wir nicht alles auf null setzen können

Der Earth Overshoot Day ist in diesem Jahr drei Wochen später dran als 2019. Grund zu feiern? Leider nein. Corona sei Dank? Weshalb wir manchmal den Kopf in den Öko-Sand stecken und warum die weltweite Covid 19-Pandemie auch in Sachen Nachhaltigkeit ein Augenöffner für uns ist.

Der 22. August 2020. Earth Overshoot Day. Der diesjährige Tag, ab dem wir über die natürlichen Ressourcen der Erde leben. Noch in den 1970ern hat der Mensch nur eine Erde verbraucht. Bring me back to summer of 69. Doch heute, 50 Jahre später, verbrauchen wir 1,6 Erden.

Wir.

Dieses Wort hat für mich in den letzten Monaten eine ganz neue Bedeutung bekommen. Wir – das bist du. Das bin ich. Das ist die Omi von gegenüber, die sich im Krieg Suppe aus Kartoffelschalen gekocht hat. Wir. Das ist die junge Frau, die mit ihrem Elektroroller an mir vorbeidüst und das neuste Fast Fashion Kleidchen trägt. Das sind die Menschen, die am anderen Ende der geplagten Erde billige Baumwolle ernten, in Minen versklavt werden oder bereits heute massiv unter der Klimakrise leiden. Was wir gemein haben? Wir alle waren und sind Teil der aktuellen Pandemie.

Doch wie hängen Covid 19-Pandemie und der Earth Overshoot Day 2020 zusammen? Die Verschiebung um drei Wochen ist ganz klar dem weltweiten Covid 19 Lockdown geschuldet. Ein Lockdown, in dem viele Menschen Solidarität gezeigt haben. Viele es aktuell nicht tun. Ein Lockdown, der aber vor allem eines gezeigt hat: Regierungen, Länder, Entscheider, Unternehmen können reagieren und verändern. Binnen kürzester Zeit.

Das soziale Leben stand auf einmal still. Und mit ihm auch die Wirtschaft. Der Nährboden für unsere Konsumgesellschaft. Das Global Footprint Network sagt: »Covid-19 hat den ökologischen Fußabdruck der Menschheit geschrumpft. Das zeigt: Es möglich ist, den Ressourcenverbrauch innerhalb kurzer Zeit zu verändern.« Und es gibt keinen anderen Weg, unsere Erde und unser Klima zu retten, als diesen Verbrauch drastisch zu reduzieren!

Das globale Stillstehen der Wirtschaft hat uns vor Augen geführt: Unser Konsum ist Mitschuld an der Misere. Ich weiß, nix Neues. Gleichzeitig haben wir drei Wochen unseres überzogenen Ressourcenverbrauchs »gut gemacht«, indem das globale Produktionsrad weitestgehend stillstand. Stell dir vor, die Wirtschaft wäre bis zum Jahresende auf Sparflamme gelaufen. Der Earth Overshoot Day wäre sicherlich in den September oder Oktober gerutscht. Hauptverantwortliche? Laut Earth Overshoot Day Organisation die globale Holzwirtschaft bzw. Holznutzung als auch die Verbrennung fossiler Brennstoffe.

Earth Overshoot Day 2020 – warum wir nicht alles auf null setzen können

Earth Overshoot Day – Wenn natürlichen Ressourcen aufgebraucht sind

Die Verschiebung des Earth Overshoot Day geht vor allem auf eine verringerte Forstwirtschaft bzw. einen niedrigeren Holzschlag sowie einen deutlich geringeren Verbrauch an fossilen Brennstoffen und damit einhergehend weniger C02-Ausstoß zurück. Holz beispielsweise bindet pro Kubikmeter eine Tonne C02. Doch Wälder werden auf der ganzen Welt weiterhin ohne Rücksicht auf Verluste gefällt und Holz verbraucht. Und das, obwohl jeder Baum ein notwendiger Beitrag zur Klimarettung wäre. Und auch der Verbrauch von Erdöl und Kohle überspannt unsere Erde umfassend: Industriemaschinen werden befeuert, Flugzeuge getankt, Plastik aus frischem Erdöl hergestellt. Kein Ende Sicht.

Forstwirtschaft und der Verbrauch fossiler Brennstoffe. Das sind unfassbar riesige, vielschichtige Wirtschaftsfelder, bei denen ich sicherlich nur die Spitze des Eisberges und einen Bruchteil der Lieferketten, ihrer Arbeitsbedingungen und deren ökologisches Ausmaß kenne. Geschweige denn ihre Lobby.

Earth Overshoot Day 2020 – warum wir nicht alles auf null setzen können

Ich fühl mich miese in der Krise

Es kriecht mir von hinten in den Nacken und schaudert mich wie das Schlürfen durch einen Plastikstrohhalm: »Bringt mein #LessWaste Einkauf überhaupt noch was? Was soll ich denn bewirken gegen diese Großkonzerne und deren Wirtschaftsstrukturen?« Ich stehe an der Tankstelle und kaufe mir Apfelsaftschorle in einer PET Flasche – wenigstens ein regionales Label, aber eben kein Mehrweg. Das hätte ich vor Corona nicht gemacht. Auch meine Besuche im unverpackt-Supermarkt sind rar geworden. Das wäre mir sicherlich vor Corona nicht in den Baumwollbüddel gekommen. Ich bin desillusioniert. Habe das Gefühl, ich lasse meinen grünen Lifestyle schleifen. Jede:r von uns kann einen Unterschied machen. In der aktuellen Zeit fühlt es sich so an, als ob das keinen Wert mehr hat. Eigentlich müssten all diese Schritte bereits selbstverständlich sein – aber vor allem für Konzerne. Denn alle müssen einen Unterschied machen. Und jetzt? Ist ja eh alles egal? Nee – ganz bestimmt nicht. Auch wenn der Glaube daran gerade irgendwie schwerer fällt.

Earth Overshoot Day 2020 – warum wir nicht alles auf null setzen können

Alles auf null ist keine Option – und dass ich aufgebe auch nicht

Wir teilen uns die Erde – denn sie ist unser aller Zuhause. Und ja, auch leider unser einziges, wenn wir Elon Musk und den Mars mal außen vorlassen. Mir ist vollkommen bewusst, dass es nicht möglich ist, unsere konsumorientierte Wirtschaftswelt auf einmal über Nacht stillzulegen. Vor allem wegen all der Menschen, die in diesem Wirtschaftssystem Arbeit finden. Doch gleichzeitig ist es so wichtig, dass wir weiterhin achtsam, wachsam, kritisch und grün bleiben. Dass wir Produkte und deren Herkunft genauer beleuchten, regional kaufen, Konzerne hinter angeblich grünen Produkten aufdecken und boykottieren. Dass wir auf Greenwashing hinweisen, darüber sprechen und nur das konsumieren, was wir wirklich brauchen.

Was denkst du: Was können wir von dem drei Wochen späteren Earth Overshoot Day lernen?

Bitte bleib gesund und deinem grünen Lebensstil treu.

 

Wie groß ist dein ökologischer Fußabdruck?

Mit diesen Rechnern kannst du deinen persönlichen ökologischen Fußabdruck einschätzen und Tipps für einen fairen Fußabdruck erhalten:

Brot für die Welt (Für Einsteiger. Mit 13 Fragen kann der persönliche Fußabdruck ermittelt werden. Leider wird nicht genau erklärt, auf welcher Daten-Grundlage die einzelnen Werte berechnet werden).

Global Footprint Network (Du kannst deinen ökologischen Fußabdruck, deinen CO2-Fußabdruck und deinen persönlichen »Earth Overshoot Day« errechnen lassen).

WWF Schweiz (Dieser Rechner zeigt direkt bei jeder Frage, ob du mehr oder weniger als der Durchschnitt verbrauchst. Zum Schluss wird dann errechnet, wie viele Erden notwendig wären, wenn alle Menschen so viel verbrauchen würden wie der jeweilige Nutzer)

Mein Fußabdruck (Fußabdruck-Rechner vom Österreichischen Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie)

 

 

Fotos: Laura Mitulla/Unsplash, Guillaume de Germain/Unsplash, Photo Boardson/Unsplash, Tonik/Unsplash