Waldbaden Shinrin Yoku – Warum uns der Wald so gut tut 

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Ein Spaziergang an der frischen Luft ist eine super Sache. Das hat mir meine Oma schon erzählt. Doch neben Park-Schlendern und Wiesen-Hopsen gibt es eine wirklich nachweislich gesunde Königstour: Shinrin Yoku – Das Waldbaden.

Das Sonnenlicht bricht sich durch das grüne, feine Blätterdach. Lichtstrahlen treffen auf den bemoosten Boden. Es knackt, zwitschert, rauscht. Die Luft ist feucht und es riecht nach Borke und frischer Erde. Jedes Mal, wenn ich es schaffe, wieder in den Wald zu fahren, denke ich mir, dass ich es viel öfter tun sollte. Nach ein paar Stunden im grünen Dickicht fühle ich mich aufgeladen und geerdet, im wahrten Sinnen des Wortes. Dass das nicht nur ein persönlicher Eindruck, sondern ein gesundheitlich nachweislicher Zustand ist, wird seit einigen Jahren immer intensiver untersucht und bewiesen.

Waldbaden – Einatmen, Ausatmen, Ankommen.

Wälder sind seit jeher Teil des menschlichen Lebens. Bevor sich immer größere Dörfer und kleine Städten unter den Germanen bildeten, war Deutschland und weite Teile Europas ein einziger, wilder Ur-Wald. Das ist ziemlich lange her, doch sieht man die Auswirkungen noch heute. Erst im 18. Jahrhundert, unter den Romantikern, wurde der dunkle, düstere Nutzwald entmystifiziert und in ein neues Licht gerückt. Denn bis dato wurde im Zuge der startenden Industrialisierung fast alle Waldbestandteile abgerodet. Es gab große Aufforstungsaktionen und den sehnsüchtigen Wunsch, die Wälder nicht aussterben zu lassen. Viele sagen, dass der Wald unser Immunsystem stärken kann.

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In den 1980er Jahren begann das japanische Ministerium für Landwirtschaft den Begriff »Shinrin Yoku« zu prägen. Das bedeutet Waldbaden und beschreibt das achtsame, aufmerksame und entschleunigte Spazieren im Wald. Kein Sport oder kein Schnell-Irgendwo-Hinwandern. Ein langsames Gehen, ein Beobachten der Natur und ein ruhiges Atmen. Anfang der 2000er wurde an der Nippon Medical School in Tokio das Studienfach »Waldmedizin« eingeführt, denn die positiven gesundheitlichen Effekte des Waldes waren eindeutig. Leitender Professor ist der Japaner Qing Li, der in diversen Studien die heilende Wirkung des Waldes auf unser Immunsystem beleuchtete.

Elementarer Teil des Waldes sind sogenannte Terpene. Diese chemische Verbindung kommt vor allem in pflanzlichen Organismen vor. Diese Terpene kommunizieren mit unserem Immunsystem und aktivieren es, nachweislich messbar. Professor Qing Li fand heraus, dass das Adrenalin- und Kortisollevel bei Frauen nach einem ganzen Tag im Wald bereits um 50% gesunken ist (bei Männern liegt dieser Wert nach einem Tag bei 30%). Und diese Wirkung ist anhaltend: Noch sieben Tage nach dem Waldbaden ist eine erhöhte Immunaktivität messbar. Starkes Immunsystem = viel Gesundheit. Theoretisch müssten wir jeden Monat einfach drei bis vier Tage im Wald verbringen und unser Immunsystem wäre für den ganzen Monat fit.

Die Terpene fungieren dabei wie eine Art Sprache. Die Bäume »sprechen« sozusagen mit unserem Immunsystem. Diese Moleküle strömen aus den Blättern, Nadeln wie auch aus der Borke der Bäume. Wir nehmen sie über unsere Haut und unsere Atmung auf. Neben den Bäumen senden auch Sträucher, Büsche, Pilze, Moose, Farne als auch die Laub- und Hummusschicht diese chemische Verbindung aus.

Unser Immunsystem produziert angeregt durch die Terpene sogar »Anti-Krebs-Proteine«. Qing Li fand 2008 in einer Studie heraus, dass Menschen, die in Waldregionen lebten, weniger häufig an Krebs erkrankten, als Menschen in unbewaldeten Regionen. Die durch die Terpene zur Vermehrung angeregten »Anti-Krebs-Proteine« helfen, entartete Zellen zu finden und sie zu bekämpfen.

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Nach einem Tag im Wald ist unser Stresslevel bereits um 50% gesunken

Doch neben den messbaren, innerlichen Veränderungen auf Immun-, und Herz-Kreislaufsystem fühlen wir uns nach dem Waldbaden einfach deutlich besser, klarer, entspannter und ruhiger. Für Aufmerksamkeit sorgte im letzten Jahr ein Experiment, bei dem fünf Testpersonen mit besonders stressigen Jobs alleine für 72 Stunden in einem gläsernen Tiny-House auf einer einsamen, bewaldeten schwedischen Insel verbrachten. Das Ergebnis zeigte, dass bei allen das Stresslevel um mindesten 70% gesunken war. Das Häuschen aus Glas kann heute unter visitsweden.de sogar gemietet werden.

Wälder sind intelligente Superorganismen, die sich selbst versorgen, untereinander kommunizieren und unser Klima maßgeblich gestalten. Auf Usedom beispielsweise wurde kürzlich der erste offizielle Kur- und Heilwald Europas eröffnet. Wenn du das nächste Mal durch den Wald spazierst, das gebrochene Sonnenlicht auf deiner Nase tanzt und dich neben einer knorrigen, alten Eiche niederlässt, dann weißt du, dass du deinem Herz, deiner Seele und deinem Körper gerade etwas unfassbar Gutes tust, das sich genauso gut anfühlt.

Du willst noch mehr zur heilenden Kraft des Waldes wissen? Mein Buchtipp: »Der Biophila Effekt« von Celemens G. Arvay

 

Fotos: Roman Dachsel

 


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Dieser Artikel von Lara ist in Libertine erschienen. Das freigeistige Magazin für Frauen aus Berlin betrachtet und reflektiert die Gesellschaft aus weiblicher Perspektive, zeigt unterschiedliche Lebensentwürfe und die facettenreiche Welt von Frauen – fernab von eingefahrene Rollenmustern und Stereotypen. Authentisch sein, frei denken, fühlen und leben, Gegebenheiten hinterfragen, eine eigene Definition von Glück finden. Frau sein: Das ist die Leitlinie von Libertine.

 

 

 

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