Bald ist wieder Ostern und Schokoladen-Zeit. Wir alle lieben süße Kakaoerzeugnisse – besonders an den Festtagen. Leider vergessen wir, wie die Schokolade hergestellt wird und dass es eine ziemlich dunkle Seite der Schokolade gibt. Plus: Wir stellen euch Hersteller vor, die Fairtrade Schokolade produzieren.
Feinste Pralinen, Schokoladen, Schokoriegel – rund 9 Kilogramm Schokolade konsumiert jede:r Deutsche im Jahr, um seine Gelüste nach dem braunen Süchtigmacher zu befriedigen. Die Schokoladenhersteller freut es. Milliarden Tafeln Schokolade setzen sie Jahr für Jahr europaweit ab – und fahren kräftige Gewinne ein. Doch am strahlend hellen Rendite-Himmel ziehen dunkle Wolken auf. Tatsächlich steht die Schokoladen-Industrie am Rande einer Image-Katastrophe. Seit Jahren norden Werbekampagnen den Verbrauchergehirnen ein: Die Schokoladenwelt ist harmlos und gut. Doch tatsächlich ist die Seele der Schokolade nicht unschuldig süß, sondern rabenschwarz und brutal. In den USA wurde gar 2015 eine Sammelklage gegen die Schoko-Riesen Mars, Nestlé und Hershey’s eingereicht: wegen der Duldung von Kinderarbeit und Sklavenarbeit.
Faire Schokolade – An Alternativen mangelt es nicht:
GEPA*
Fairtrade Schokolade & Bio-Siegel – Die Macht der Verbraucher
Am Ende hat es der Schokoladenliebhaber und Verbraucher in der Hand. Immerhin gibt es mittlerweile viele Firmen, die Schokolade mit sozialen und ökologischen Gütesiegeln produzieren. Um nur die bekannteren zu nennen: UTZ und Rainforest Alliance fördern die Umstrukturierung auf eher niedrigem Niveau. Großen Erfolg am Markt hat Fairtrade Schokolade. Bei Fairtrade Schokolade liegt der Anteil zertifizierten Kakaos beim Endprodukt höher (bei 20 Prozent). Die Arbeits- und Umweltschutzrichtlinien sind anspruchsvoller und die Kontrollen schärfer. Die strengsten Ansprüche stellt Gepa*: Hohe Sozialstandards, unter anderem ein striktes Verbot von Kinderarbeit; die Produkte müssen zu 75 Prozent fair gehandelt sein.
Kinderarbeit auf afrikanischen Kakaoplantagen
Eine Studie des National Opinion Research Center (NORC) der Universität Chicago belegt: Rund 1,5 Millionen Kinder verrichten demnach in Ghana und der Elfenbeinküste ausbeuterische Kinderarbeit auf Kakaoplantagen. Ein vernichtendes Zeugnis für die Kakaoindustrie. Trotz zahlreicher Maßnahmen gegen Kinderarbeit, die aber wohl nur halbherzig durchgeführt wurden, ist die Kinderarbeit auf den Kakaoplantagen Afrikas nicht weniger geworden.
Der Deutschen liebste Nascherei bezahlen sie mit ihrer Kindheit (was gibt es denn wertvolleres als das). Damit die Schokolade auch dieses Jahr wieder zartschmelzend in den Mündern der Ersten Welt endet, werden Kinder schon im Alter von sechs Jahren in die Kakaoplantagen getrieben, verkauft von bettelarmen Eltern, gelockt durch angeblich gute Löhne, entführt von skrupellosen Menschenhändlern. Jahrelang hacken sie mit Macheten, die mitunter halb so groß sind wie sie selber, die Früchte von den Kakaobäumen. Die Körper von Narben gezeichnet – unbehandelte Verletzungen durch die Klingen. Die Kinder schleppen viele Kilo schwere Säcke auf ihren Köpfen zu den Sammelstellen, spalten die Früchte mit der Machete ohne Schutzhandschuhe, um an die Kakaobohnen zu gelangen. Fluchtversuche enden in Prügelorgien. Regelmäßig werden die Plantagen mit Pestiziden und Herbiziden überzogen, damit die empfindlichen Kakaobäume nicht eingehen. Dass sich der Giftteppich über die Kinder legt, wird verheimlicht – wie auch alles andere Bitterböse, was es über die zarteste Versuchung der Lebensmittelbranche zu erzählen gibt.
Seit dem Jahr 2000, als Journalisten erstmals von Kinderarbeit und Kindersklaven auf den Kakaoplantagen Ghanas und der Elfenbeinküste berichteten, ist die Schokoladenindustrie trotz ständiger Willensbekundungen nicht in der Lage, im Hauptanbaugebiet Afrika Produktionsbedingungen wie auf den Plantagen Südamerikas und Südostasiens zu schaffen. Dort ist Kinderausbeutung kaum ein Thema.
Der Schokoladenmarkt wird von einer Handvoll Global Player beherrscht
Der 90 Milliarden Dollar umfassende Schokoladenmarkt wird von einer Handvoll mächtiger globaler Player beherrscht. Schokolade ist ein Schmiermittel, das einen weltumspannenden Wirtschaftszyklus am Laufen hält. Er sorgt dafür, dass für Konzerne und Verbraucher alles so weiterläuft, wie sie es seit Jahrzehnten gewohnt sind: sinkende Rohstoffpreise, steigende Profite, günstige Produkte in überbordender Auswahl.
Den Kakaomarkt Afrikas beherrscht Neokolonialismus in brutalster Form. Auf der einen Seite steht ein Millionenheer von Kakaobauern, die selten über mehr als ein paar Hektar Kakaoplantagen verfügen, damit rund 150 Euro im Jahr verdienen und davon auch noch oft eine Pacht bezahlen müssen. Sie beschäftigen billige Kinderarbeiter, um überhaupt Gewinne zu produzieren. Auf der anderen Seite drücken skrupellose Zwischenhändler im Sinne westlicher Konzerne die Preise immer weiter nach unten. Um die vier Prozent vom Verkaufserlös geht an die Bauern. Anfang der 1980er Jahre waren es noch 16 Prozent. Auch die Regierungen der wichtigsten Kakaoländer Afrikas, Ghana und Elfenbeinküste, bedienen sich kräftig. Die Bauern erhalten nur 70 Prozent des Weltmarktpreises. Mit dem Rest tilgen die Staaten Schulden bei der Weltbank.
Fairtrade Schokolade – Kakao könnte eine sichere Wirtschaftssäule sein
Dabei birgt Kakao ein kaum zu überschätzendes Potenzial. 90 Prozent der weltweiten Kakaoproduktion erfolgt auf kleinbäuerlicher Ebene. Fairtrade Schokolade und Kakao zu fairen Preisen könnte eine sichere Säule der gebeutelten afrikanischen Wirtschaft sein. Stattdessen gräbt sich dieses System selbst das Wasser ab. Das gnadenlose Spiel der Zwischenhändler und Konzerne mit den wehrlosen Bauern und Arbeitern könnte in einem Zusammenbruch der Kakaowirtschaft münden und Kakao wieder zu dem machen, was es die längste Zeit seiner 1500 Jahre langen Genuss-Geschichte war: ein Luxusprodukt. Die Kakaobäume Afrikas verlieren massiv an Produktivität. Sie können zwar 200 Jahre alt werden, aber schon nach 20 Jahren beginnen sie weniger Früchte zu tragen und werden unrentabel. Den Bauern fehlt jedoch das Geld, um neue Pflanzen zu kaufen. 2013 sah sich Nestlé gezwungen, ihnen eine Million Schösslinge zu schenken. Auch die extreme Landflucht macht der Kakaoproduktion zu schaffen. In Ghana sind die Kakaobauern im Durchschnitt 55 Jahre alt. Finden sie keine Nachfolger, geht das Wissen um den Kakaoanbau verloren. Hinzu kommt der Klimawandel. Kakaobäume vertragen keine Dürren, die aufgrund der abgeholzten Regenwälder häufiger vorkommen. Und sie brauchen Schattenbäume, um zu gedeihen. Es gibt zwar Neuzüchtungen, die Trockenheit und Sonne besser vertragen. Doch die können sich die Bauern kaum leisten.
Angesichts des drohenden Debakels an gleich mehreren Fronten hat sich die Schokoladenindustrie selbst verpflichtet, bis zum Jahr 2020 rund 400 Millionen Dollar zu investieren, um mittels eines Kontrollsystems die Kakaoproduktion auf umweltfreundliche und humane Basis zu stellen. Das klingt nach Entschlossenheit. Doch das Vorhaben existiert bereits seit Jahren – und nichts ist passiert. Das wirklich Bittere an der Geschichte: Weder die am Existenzminimum lebenden Kakaobauern noch die Kinderarbeiter Afrikas werden in ihrem Leben jemals Schokolade essen. Das tun am Ende nur die Menschen in den westlichen Staaten.
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Das Geschäft mit Schokolade ist schmutzig. Wir empfehlen euch Fairtrade Schokolade und die Dokumentation über Kinderarbeit auf Kakaoplantagen in Afrika. The Dark Side Of Chocolate – Schmutzige Schokolade von Miki Mistrati. Der dänische Dokumentarfilmer ist nach Afrika geflogen, um aufzudecken, wie das Geschäft der skrupellosen Menschenhändler funktioniert und konfrontiert die Schokoladeindustrie mit seinem Beweismaterial. Der größte Teil des Kakaos, der in unserer Schokolade steckt, stammt von der Elfenbeinküste. Dort arbeiten nach Schätzungen von Unicef über 200.000 Kindersklaven auf Kakaoplantagen – unter erbärmlichen Bedingungen. Da Kakao-Plantagen Besitzer für ihre Ware kaum Geld bekommen, können sie es sich kaum leisten, die Farmhelfer fair zu entlohnen. Eine billige Lösung bietet die Kinderarbeit. Die Schokoladenfirmen möchten damit natürlich nichts zu tun haben.
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