Gift auf unserer Haut? Biozide in nachhaltigen Produkten & Textilien

Gift auf unserer Haut? Biozide wie z.B. Silberchlorid und Zinkpyrihion in nachhaltigen Produkten & Textilien. Geruchshemmend, antibakteriell, mit Hygienefunktion, tötet Bakterien und Viren ab. Grausame Tierversuche?

»Antibakteriell«, »geruchshemmend«, »tötet 99.9% der Viren und Bakterien«. Produkte, die so beworben werden, können Biozide enthalten. Man findet sie auch immer häufiger in nachhaltigen Produkten. Allein auf dem deutschen Markt sind laut PAN Germany mehr als 43.000 Biozid-Produkte registriert. Bei unserer Recherche haben wir festgestellt, dass Biozide nichts mit »Bio« zu tun haben. Warum wir Produkte mit Bioziden nicht mehr kaufen, mit welchen Expert:innen wir gesprochen haben und warum auch die Verbraucherzentrale von biozidbehandelten Waren abrät.

 

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Wir waren noch mit unserer Recherche zu Bioziden in Menstruationsunterwäsche beschäftigt, als bei Fenja die Alarmglocken läuteten: Eine Freundin zeigte ihr freudig ihre neue nachhaltige und antibakterielle Handyhülle. Antibakteriell? Da wurde Fenja direkt hellhörig – denn beim Stichwort »antibakteriell« müssen wir mittlerweile unverzüglich an den Einsatz von Bioziden denken. Aus Neugier haben wir daraufhin unsere Recherche ausgeweitet und nach weiteren nachhaltigen Produkten gesucht, die mit Bioziden behandelt wurden – und sind (leider) fündig geworden.

Wir setzen uns bereits seit mehr als einem Jahr mit dem Thema Biozide auseinander. Trotzdem fällt es uns noch immer schwer, die Komplexität des Themas zu überblicken und die Fülle an Informationen sofort zu verstehen. Aus diesem Grund sind wir sehr dankbar für die tatkräftige Unterstützung von Biozid-Expertin Susanne Smolka vom Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany). Vielen Dank für Ihr Fachwissen und Ihre Expertise, liebe Frau Smolka!

Warum Biozide nichts mit »Bio« zu tun haben

Was genau sind Biozide überhaupt? Der Begriff Biozid ist abgeleitet aus dem altgriechischen bios = Leben und dem lateinischen caedere = töten. Übersetzt bedeutet Biozid demnach so viel wie Leben töten. Das sagt unserer Meinung nach schon einiges aus und hat vor allem nichts mit »Bio« zu tun. Oft werden Biozide wie beispielsweise Silber oder Zinkpyrithion eingesetzt, um Viren oder Bakterien aus Gründen der Hygiene zu bekämpfen. Laut dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) wird in privaten Haushalten eine Vielzahl von biozidhaltigen Produkten verwendet, zum Teil ohne dass dies den Verbraucher:innen bewusst ist. Zunehmend werden Biozide auch zur antibakteriellen Ausrüstung von nachhaltigen Produkten verwendet. Bei unserer Recherche zum Thema Biozide in nachhaltigen Produkten sind wir unter anderem auf biozidbehandelte Menstruationsunterwäsche, Sport- und Freizeitkleidung, Schuhe, Handtücher, Bettwäsche und Handyhüllen von nachhaltigen Anbietern gestoßen, sowie auf einen nachhaltigen Kleidungsverleih, bei dessen Reinigungsprozess anscheinend auch Biozide zum Einsatz kommen. Aber dazu später mehr.

Die Risiken vieler Biozid-Wirkstoffe sind von der EU noch nicht abschließend geprüft. Daher gelten Biozide wie z.B. Silberchlorid oder Zinkpyrithion gemäß der Europäischen Biozid-Verordnung als sogenannte »Altwirkstoffe«, deren Genehmigungsverfahren noch nicht abgeschlossen sind. Daher liegt es zurzeit noch in der Verantwortung des Herstellers, ein sicheres und wirksames Produkt auf dem Markt bereitzustellen.

PAN Germany hat uns dazu folgendes Statement gegeben:

»[…] Die Gesundheits- und Umweltrisiken der Biozid-Wirkstoffe wie Silberchlorid und Zinkpyrithion werden momentan zum allerersten Mal von Behörden im Rahmen eines gesetzlich vorgeschriebenen Genehmigungsverfahrens überprüft. Dass diese Biozide momentan dennoch eingesetzt werden dürfen, liegt an einer formalen Übergangsregelung der Europäischen Biozid-Verordnung. Ob nach dieser amtlichen Prüfung die Biozide für diese Verwendung weiter eingesetzt werden dürfen, bleibt abzuwarten.«

Fazit: Der Begriff »Biozid« kann leicht in die Irre führen. Für uns persönlich hat er mit Bio, Öko oder Nachhaltigkeit nichts zu tun.

Wie erkenne ich Biozide? Und warum werden sie in nachhaltigen Produkten eingesetzt?

Bei Aussagen wie z.B. »tötet 99.9% der Bakterien«, »antibakteriell«, »mit Hygienefunktion«, »mit Geruchsstopp«, »bleibt frisch« oder »hemmt Bakterienwachstum« solltet ihr hellhörig werden. Denn in Produkten, die mit Werbeslogans wie diesen beworben werden, können sich Biozide verstecken. Laut Herstellern sollen Biozide mit ihren antibakteriellen Eigenschaften für mehr Hygiene sorgen. Es werden beispielsweise körpernah getragene Textilien, wie Sport- und Freizeitkleidung, mit Bioziden ausgerüstet, um der Geruchsbildung durch die bakterielle Zersetzung von Schweiß entgegenzuwirken.

Fazit: Bei solchen Aussagen in der Produktbeschreibung sollten bei euch sofort die Alarmglocken klingeln!

Sind antibakterielle Produkte wirklich nötig?

Laut BMU kann oftmals auf den Einsatz von Biozid-Produkten verzichtet werden, was am Beispiel der biozidbehandelten Sport- und Freizeitkleidung deutlich wird. Denn regelmäßiges Waschen der Kleidung wirkt ebenfalls einer Geruchsbildung entgegen. Auf seinem Biozid-Portal rät auch das Umweltbundesamt sich vor der Verwendung von Produkten mit Bioziden nach schonenderen Alternativen umzusehen und stellt umfangreiche Informationen zum Thema zur Verfügung.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ruft ebenfalls zu einem sorgfältigen Abwägen von Nutzen und Risiken von biozidbehandelten Textilien auf und schreibt uns zu dem Thema:

»Im Rahmen der Biozidgesetzgebung und der nachhaltigen Verwendung solcher Stoffe rückt die Frage nach biozidfreien Alternativen allerdings mehr und mehr in den Fokus. Aus Erfahrung des BfR scheint es jedoch durchaus auch sinnvolle Einsatzmöglichkeiten Biozid-ausgestatteter Kleidung, z. B. zur Zeckenabwehr im Forst oder zur Abwehr krankheitsübertragender Insekten in tropischen Regionen, zu geben. Allerdings wird im Zusammenhang mit Biozid-behandelten Textilien über mögliche Resistenzbildungen, allergische Reaktionen sowie die Beeinträchtigung des Hautmikrobioms diskutiert.«

Aufgrund der möglichen Umweltbelastung und Gesundheitsrisiken, wie dem Auftreten von allergischen Reaktionen oder der Bildung resistenter Bakterien durch eine Anwendung von Bioziden rät auch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen prinzipiell davon ab, als »geruchshemmend« oder »antibakteriell« beworbene Produkte zu kaufen. Die Diplomchemikerin Dr. Kerstin Etzenbach-Effers von der Verbraucherzentrale NRW schreibt uns dazu:

»Biozide wie Zinkpyrithion oder Silberchlorid sollten unverzichtbaren Anwendungen vorbehalten sein wie z.B. medizinischen Anwendungen und nicht Bestandteil von Massenprodukten wie Bekleidung sein«.

Diese Ansicht wird auch von PAN Germany unterstützt. Im pflegerischen und medizinischen Bereich finden Biozide schon lange Anwendung und sind kaum wegzudenken, beispielsweise in Form von Desinfektionsmitteln. Der Nutzen einer Biozidbehandlung von Alltagsprodukten ist laut Susanne Smolka jedoch fragwürdig: Sie kenne »keinen einzigen wissenschaftlichen Nachweis, dass antimikrobielle Biozide in Alltagsprodukten einen größeren Gesundheitsnutzen hätten als die klassischen Maßnahmen wie Hand- und Körperhygiene mit einer hautschonenden Seife, der 60° Wäsche für hautnahe Textilien oder der Nutzung einer Geschirrspülmaschine. Deshalb empfehlen die zuständigen Fachbehörden in Deutschland gesunden Menschen die klassische, aber wirksame Alltagshygiene – sogar in Zeiten von Covid-19.«

Auf die Verwendung von Bioziden im Alltag können wir also augenscheinlich verzichten – statt einem größeren Gesundheitsnutzen sorgt ihr Einsatz außerdem für einen schmaleren Geldbeutel. Der Markt-Check von PAN Germany hat ergeben, dass bei fünf von sieben Gebrauchsgegenständen jene mit antibakterieller Ausrüstung teurer angeboten werden.

Fazit: Unserer Meinung nach sollten Biozide nur verwendet werden, wenn sie tatsächlich notwendig sind, wie z.B. bei medizinischen Anwendungen, und keine Alternativen zur Verfügung stehen. Auf Produkte mit Bioziden zu verzichten, schont außerdem nicht nur unsere Gesundheit und Umwelt, sondern auch unser Portemonnaie.

Welche Folgen können Biozide für die Umwelt und unsere Gesundheit haben?

Antimikrobiell wirkende Biozide sollen Mikroorganismen wie Bakterien und Viren abtöten und so ihr Wachstum hemmen. Wie schon oben beschrieben, müssen aufgrund ihrer möglichen negativen Effekte auf Umwelt und Gesundheit per Gesetz alle Biozide vor ihrer Vermarktung einer behördlichen Überprüfung – dem Zulassungsverfahren – unterzogen werden. Momentan ist diese Prüfung für die genannten Substanzen aber noch nicht abgeschlossen und die Vermarktung ist nur aufgrund einer Übergangsregelung erlaubt.

Laut PAN Germany sind Biozide ganz und gar nicht harmlos. Susanne Smolka von PAN Germany schreibt uns:

»Viele Biozide werden als umweltgefährlich eingestuft. Schließlich ist es ihre Zweckbestimmung, Lebewesen zu schädigen und abzutöten. Silberchlorid und Zinkpyrithion sind beide als sehr giftig mit langfristiger Wirkung für Wasserorganismen eingestuft. Es besteht das Risiko, und es wurde auch bei verschiedenen biozidbehhandelten Textilien belegt, dass Biozide von Textilien abgerieben und während des Reinigens ausgewaschen und über Abwasser und Kläranlage in die Gewässer gelangen und sich dort beispielsweise in den Kiemen von Fischen anreichern können.«

Das Risiko der Wasserverschmutzung durch Biozide bestätigt ebenfalls eine Studie der Swedish Water and Wastewater Association über Sportkleidung, die mit Silber behandelt wurde. Sie kam zu dem Ergebnis, dass nach 10-maliger Maschinenwäsche durchschnittlich 72% des zugesetzten Silbers im Abwasser landen.

Auch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen warnt vor den möglichen Umweltfolgen von Bioziden am Beispiel von Silber:

»Es ist richtig, dass Silberionen im Abwasser bzw. in Kläranlagen mit Sulfiden schwerlösliches Silbersulfid bildet. Freigesetztes Silber, auch Silbersulfid, verschwindet nicht spurlos aus der Umwelt, sondern kann über das Abwasser oder den Klärschlamm wieder in die Umwelt gelangen. Welche Auswirkungen das hat ist derzeit nicht bekannt. Das heißt, es wird Silber in die Umwelt freigesetzt, obwohl wichtige Fragen zur Auswirkung auf die Umwelt nicht beantwortet sind.«

Die Europäische Chemikalienbehörde (ECHA) stuft das häufig verwendete Biozid Silberchlorid sogar in der höchsten Gefährdungsklasse 1 für akute und langfristige Gewässergefährdung ein.

PAN Germany rät aufgrund der möglichen Gesundheitsrisiken von Bioziden zur Vorsicht bei ihrer Verwendung. Antimikrobielle Biozide können wie Streubomben wirken und somit auch »gute« Mikroorganismen zerstören. Denn Zellgifte wie Silberverbindungen und Zinkpyrithion, die oft als Biozide eingesetzt werden, können nicht zwischen krankmachenden oder geruchsbildenden und nützlichen oder gesundheitsfördernden Bakterien unterscheiden.

Fazit: Der Einsatz von Bioziden kann weitreichende Folgen und Risiken für Mensch, Tier und Umwelt haben, die wir persönlich nicht eingehen möchten.

Was haben Biozide mit Tierversuchen zu tun?

Das BfR hat uns mitgeteilt, dass sich Erkenntnisse über biozide Stoffe in der Regel auf tierexperimentelle Untersuchungen stützen. Um herauszufinden, wie giftig ein Stoff für Säugetiere und Menschen ist, wird also unter anderem auf Tierversuche gesetzt. Alle enthaltenen Wirkstoffe eines Biozidproduktes müssen laut Biozidverordnung der Europäischen Union auf ihre toxikologische Wirkung geprüft werden – und das geschieht nach Aussage des BfR in der Regel durch Tierversuche.

Zum Thema Tierversuche und Biozide haben wir auch beim Deutschen Tierschutzbund e.V. nachgefragt:

»Diese Untersuchungen werden fast ausschließlich an lebenden Tieren durchgeführt. Tierversuche für Giftigkeitsprüfungen zählen dabei zu den grausamsten Tierversuchen überhaupt. Denn die Tiere werden dabei teilweise aktiv vergiftet und bekommen zumeist auch keinerlei schmerzlindernde Mittel verabreicht […]«

Viele biozide Stoffe, darunter auch das häufig verwendete Silberchlorid, sind wie oben schon erwähnt, in der EU nur im Rahmen einer Übergangsregelung zugelassen und müssen noch abschließend geprüft werden. Wenn wir das Ganze richtig verstanden haben, beinhalten diese Prüfungen Tierversuche.

Fazit: Wir kaufen keine biozidbehandelten Waren, da wir persönlich den Einsatz von Tierversuchen – ob direkt oder indirekt – strikt ablehnen.

Biozid-Kennzeichnungspflicht & Recht auf Auskunft

In der EU besteht eine Kennzeichnungspflicht für Waren, die mit Bioziden behandelt wurden. »Wirbt der Anbieter mit der Biozidbehandlung, gilt eine gut lesbare Deklarierungspflicht der Biozid-Wirkstoffe auf der Verpackung oder dem Etikett«, so Susanne Smolka von PAN Germany. Gemäß der Europäischen Biozid-Verordnung haben Verbraucher:innen zusätzlich ein Recht auf Auskunft, ob und wie ein Produkt mit Bioziden behandelt wurde. Hersteller sind gesetzlich dazu verpflichtet, Anfragen über die Behandlung der Ware mit Bioziden innerhalb von 45 Tagen kostenlos zu beantworten. Das Auskunftsrecht greift auch, wenn Hersteller nicht mit der bioziden Wirkung ihrer Produkte werben. Auf der Homepage von PAN Germany findet ihr einen Musterbrief für eine Anfrage zur Biozidbehandlung.

Diese »nachhaltigen« Produkte, die als antibakteriell angepriesen werden, haben wir uns genauer angeguckt:

1 | THE FEMALE COMPANY – Period Panty

The Female Company hat vor allem Periodenprodukte im Sortiment – neben Bio-Tampons und -Slipeinlagen vertreibt das Berliner Brand inzwischen auch Periodenunterwäsche. Seine Period Panties beschrieb das Brand auf der Website unter anderem mit diesen Aussagen (Stand 11.08.2021):

»hygienische und geruchsneutrale Schicht mit Silberionen«

»Silberionentechnologie gegen Gerüche«

Bei dieser Beschreibung wurden wir sofort hellhörig und haben gemäß der Auskunftspflicht bei The Female Company nachgefragt, ob das Brand Biozide in seinen Period Panties verwendet. Außerdem haben wir uns ein Period Panty von The Female Company bestellt. Die chemische Bezeichnung des verwendeten Biozidwirkstoffs haben wir leider weder auf der Verpackung noch auf dem Etikett gefunden.

Uns wurde später mitgeteilt, dass bei The Female Company das Biozid Silberchlorid in den Period Panties zum Einsatz kommt. Mittlerweile hat das Brand auch die Produktbeschreibung geändert und gibt Silberchlorid als Bestandteil seiner Period Panties an. Weitere Aussagen auf der Website haben wir uns damals ebenfalls genauer angeschaut:

Gift auf unserer Haut? Biozide wie z.B. Silberchlorid und Zinkpyrihion in nachhaltigen Produkten & Textilien. Geruchshemmend, antibakteriell, mit Hygienefunktion, tötet Bakterien und Viren ab. Grausame Tierversuche? Antibakterielle Perod Panty, Menstruationshöschen von The Female CompanyQuelle: www.thefemalecompany.com

AUSSAGE 1:

»Der Panty besteht aus 95 % Bio-Baumwolle, ist vegan & tierversuchsfrei«

Wir fragen uns, ob alle Bestandteile des Panties als tierversuchsfrei angesehen werden können, wenn die Period Panties mit Bioziden behandelt wurden. Denn wie weiter oben beschrieben, müssen Biozide entsprechend der Europäischen Biozidverordnung geprüft werden, wobei in der Regel Tierversuche durchgeführt werden. Das trifft auch auf den bioziden Wirkstoff Silberchlorid zu, der in den Period Panties von The Female Company eingesetzt wird.

Vom Deutschen Tierschutzbund e.V. haben wir dazu folgendes Statement bekommen:

»Höchstwahrscheinlich bezieht sich die Aussage „tierversuchsfrei“ hier darauf, dass keine zusätzlichen Tierversuche für die Produktion / Entwicklung der Menstruationshöschen in Auftrag gegeben wurden. […] Das bedeutet allerdings nicht, dass Silberchlorid an sich „tierversuchsfrei“ ist.«

Screenshot oben: Die Aussage, dass das Endprodukt – also die Period Panty selbst – tierversuchsfrei ist, mag rechtlich zulässig sein. Trotzdem finden wir es persönlich irreführend, wenn von tierversuchsfrei gesprochen wird, aber Biozide in die Höschen eingearbeitet werden. Es spricht vieles dafür, dass Periodenunterwäsche, wie die von The Female Company, zumindest indirekt nicht tierversuchsfrei ist, denn wie oben aufgezeigt, werden im Rahmen der Prüfung von Bioziden sehr häufig Tierversuche durchgeführt.


AUSSAGE 2:

»Unser SilverPlus Wirkstoff erfüllt OEKO-TEX®-Standard 100, ist bluesign®-gelistet und ist ein EPA-registriertem Wirkstoff.«

Wir haben uns bei dem Zertifizierer Bluesign mehrmals zu dieser Aussage zum verwendeten SilverPlus Wirkstoff (Anm. d. Red.: Herstellername des verwendeten Biozids Silberchlorid) auf der Homepage von The Female Company erkundigt. Leider haben wir keine richtige Stellungnahme dazu von Bluesign erhalten. Laut des Geschäftsführers von Bluesign sind es zu viele Details und es bräuchte zu lange, um das zu erklären. Mittlerweile hat das Brand diese Aussage überarbeitet, Bluesign wird nicht mehr erwähnt und The Female Company schreibt nun:

»Unser SilverPlus Wirkstoff: erfüllt OEKO-Tex®-Standard 100 und ist ein EPA-registrierter Wirkstoff«

Außerdem haben wir bei Oeko-Tex bezüglich der Oeko-Tex Standard 100-Zertifizierung nachgefragt und folgendes Statement erhalten:

»[…] Spezifische Produkte, die Zinkpyrithion oder Silberchlorid enthalten, wurden auf ihre spezifischen textile Anwendungen von mindestens zwei unabhängigen Toxikologen untersucht (unter anderem auf Hautverträglichkeit) und für genau diese Anwendung als gesundheitlich unbedenklich bewertet. […]«

Wir haben noch einmal bei Oeko-Tex nachgehakt und uns erkundigt, wie genau diese Untersuchung durch unabhängige Toxikologen durchgeführt wurde und ob Oeko-Tex uns die Ergebnisse zukommen lassen könnte. Oeko-Tex wollte uns weder den Aufbau noch die Ergebnisse der Untersuchung zukommen lassen. Auch die Namen der beteiligten Toxikologen wurden uns nicht genannt. Oeko-Tex hat sich dabei auf vertrauliche Daten berufen, die nicht öffentlich zugänglich seien.
Für weitere Nachfragen hat uns Oeko-Tex an The Female Company verwiesen, aber trotz mehreren Remindern haben wir vom Brand jedoch bis heute keine Antwort auf unsere Nachfragen erhalten.


Gift auf unserer Haut? Biozide wie z.B. Silberchlorid und Zinkpyrihion in nachhaltigen Produkten & Textilien. Geruchshemmend, antibakteriell, mit Hygienefunktion, tötet Bakterien und Viren ab. Grausame Tierversuche? Antibakterielle Perod Panty, Menstruationshöschen von The Female CompanyQuelle: www.thefemalecompany.com

AUSSAGE 3:

»Du entscheidest dich lieber für Bio-Hygieneprodukte, deren Bio-Baumwolle ohne Chemikalien und Pestizide angebaut wurde«

Wie der oben eingeblendete Screenshot zeigt, nutzt The Female Company die fehlende Deklarationspflicht bei Tampons, um seine eigene Transparenz hervorzuheben. Was uns stutzig gemacht hat: Bis zu unserer Nachfrage hat das Brand sich zunächst selbst nicht an die bestehende Deklarationspflicht bei biozidbehandelten Produkten wie ihren Period Panties gehalten. Mittlerweile hat uns The Female Company aber versichert, dass die entsprechende Deklarierung nachgeholt wird.

Auch wenn die verwendete Bio-Baumwolle ohne Pestizide angebaut wird, ist diese Aussage für uns persönlich irreführend, da die Period Panties von The Female Company nachträglich mit dem Biozid Silberchlorid ausgerüstet werden. Erstens handelt es sich bei Bioziden um Chemikalien und zweitens wird laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zufolge der Begriff »Pestizid« zwar häufig als Synonym für Pflanzenschutzmittel verwendet, der Oberbegriff Pestizid umfasst jedoch auch Biozide. Laut BUND lassen sich Pestizide so unterteilen: zum einen in sogenannte »Pflanzenschutzmittel« im Agrar-, Forst- und Gartenbereich, zum anderen in Biozide zur Bekämpfung unerwünschter Lebewesen im Haushalt, beispielsweise das Giftarsenal von Kammerjägern.


Auf unsere Frage, warum The Female Company überhaupt Biozide in Menstruationsunterwäsche einsetzt, hat uns das Brand geantwortet:

»[…] Wir beschäftigen uns besonders aufgrund unserer Bio-Tampons viel mit Staphylococcus aureus, das Bakterium, welches TSS (Toxisches Schocksyndrom, Anm. der Redaktion) auslöst. […] Da wir nicht vollständig ausschließen können, dass eine „starke Ansammlung von Blut“ zusammen mit „im Menschenkörper vorhandenen Staphylococcus aureus Bakterien“ zu einem toxischen Schock auch außerhalb des Vaginaleingangs führen kann, haben wir uns für Silberchlorid entschieden. Nach Hohenstein ist unsere antibakterielle Schicht gegenüber Staphylococcus aureus […] wirksam.«

Zum Thema Periodenunterwäsche und TSS haben wir bei Expert:innen nachgefragt. Uns wurde mitgeteilt, dass TSS durch Binden oder Menstruationshöschen kaum denkbar ist. Denn Period Panties sind an sich nichts anderes als Binden, welche ebenfalls über Nacht und somit länger als acht Stunden getragen werden. Auch hatten wir im Rahmen unserer Recherche zum Thema Menstruationshöschen den Präsidenten des Berufsverbandes der FrauenärzteDr. med. Christian Albring – dazu befragt, welche Krankheiten beim Tragen von biozidfreien Höschen entstehen könnten. TSS wurde von ihm nicht genannt. Daher finden wir persönlich die Aussage von The Female Company nicht sehr schlüssig, um damit den Einsatz von Bioziden in den Period Panties zu begründen.

Fazit: Die Geschäftsführerin von The Female Company war anfangs uns gegenüber sehr offen und gesprächsbereit. Sie hat sich unsere Kritik zu Herzen genommen und mittlerweile wurden Aussagen auf der Homepage überarbeitet und entsprechende Informationen angepasst. Wir hätten uns aber gewünscht, dass es vom Brand selbst eine bessere Auseinandersetzung mit den Produkten und Wirkstoffen bereits im Vorfeld gegeben hätte – und nicht erst nachdem das Produkt längst auf dem Markt ist und diverse Anfragen dazu von uns kamen. 
Leider wurden unsere letzten Fragen trotz mehrerer Reminder nicht mehr beantwortet. Das finden wir sehr schade. Schließlich schreibt sich The Female Company nach eigenen Angaben absolute Transparenz zu Materialien und Inhaltsstoffen auf die Fahne:

»Aber auch absolut transparent mit euch umzugehen, wenn es um das Thema Inhaltsstoffe und Materialien geht! […]

 

2 | MYLILY – Menstruationshöschen

Das Hamburger Brand MyLily vertreibt nachhaltige Periodenprodukte, eigenen Aussagen zufolge in 100% Bio-Qualität. Zum Sortiment des Brands gehören auch Menstruationshöschen. Auf der Website von MyLily wird die Periodenwäsche des Brands unter anderem so beschrieben:

»Das Material ist hydrophil, antibakteriell sowie atmungsaktiv und fängt Menstruationsblut und andere Flüssigkeiten sicher auf.«

»Sorgenfrei: Deine MYLILY Periodenunterwäsche ist geruchsneutral, antibakteriell & auslaufsicher.«

Obwohl MyLily damals in unserem Fragebogen angegeben hat, keine Biozide in ihren Menstruationshöschen zu verwenden, hat uns die Produktbeschreibung der Höschen sofort hellhörig werden lassen. Also haben wir gemäß der Auskunftspflicht von Herstellern direkt bei MyLily nachgefragt, ob in der Periodenunterwäsche Biozide verwendet werden. Außerdem haben wir uns ein Menstruationshöschen von MyLily bestellt. Weder auf der Verpackung noch auf dem Etikett wurde die chemische Bezeichnung des verwendeten Biozidwirkstoffs deklariert.

Es hat ein paar Wochen und mehrere Nachfragen gedauert, bis wir endlich diese Antworten von MyLily erhalten haben:

»Unsere Periodenunterwäsche wird mit dem Biozidwirkstoff (chem. Bezeichnung) Silbernitrat behandelt.



Da unsere Unterwäsche nur bei 30° gewaschen werden kann und Bakterien bei dieser Gradzahl überleben, setzen wir einen antibakteriellen Wirkstoff ein, der die Entwicklung von Bakterien verhindert. Der Wirkstoff ist ungiftig, nicht auslaugend, nicht sensibilisierend und nicht reizend für die menschliche Haut.



Unser Biozid enthält keine bedenklichen Komponenten, weshalb eine Gefahrenklassifizierung nicht notwendig ist. Entsorgt kann die Periodenunterwäsche im Restmüll.«

Statement von PAN Germany dazu:


»Mit dem Hinweis auf die antibakterielle Ausrüstung muss die Firma bestimmte Auflagen zur Information der Verbraucher:innen einhalten. Diese sind im Artikel 58 der europäischen Biozid-Verordnung festgelegt. Es reicht in diesem Falle nicht aus, nach einer Anfrage individuell zu informieren oder Informationen auf die Website zu stellen, sondern es gilt eine Deklarationspflicht. Auf der Verpackung oder dem Etikett muss die chemische Bezeichnung des verwendeten Biozid-Wirkstoffs (hier: Sibernitrat), zudem die biozide Eigenschaft (hier: antibakterieller Geruchsschutz) sowie alle etwaigen Verwendungsvorschriften und Vorsichtsmaßnahmen aufgeführt werden. Würde das verwendete Biozidprodukt Nanomaterialien enthalten, müsste die Zusatzbezeichnung „Nano“ deklariert werden. Die Kennzeichnung muss deutlich sichtbar, gut lesbar und hinreichend dauerhaft sein und den Kund:innen vor dem Kauf zur Verfügung stehen. Es ist daher immer fair und Kundenfreundlich, auch auf der Firmenwebsite zu informieren, insbesondere wenn man auch online bestellen kann.«

Fazit: Wir persönlich würden mit diesem Wissen keine Menstruationshöschen mehr kaufen. Mehr zum Thema Menstruationshöschen und warum wir diese kritisch sehen, findet ihr in unserem Periodenunterwäsche Test und in unserem Artikel über die Frage, ob Menstruationshöschen wirklich nachhaltig sind.

 

3 | WOODCESSORIES – Handy Case

Bei der oben schon erwähnten Handyhülle mit antibakterieller Wirkung von Fenjas Freundin handelt es sich um ein Produkt von Woodcessories. Das Brand wirbt mit dem Claim »Nur natürliche Materialien« und stellt unter anderem nachhaltige Handyhüllen her. Wir haben uns das »Bio Case« und »Change Case« genauer angeschaut.
In der Produktbeschreibung auf der Homepage schrieb Woodcessories zum Zeitpunkt unserer Anfrage über die Handyhüllen (Stand 22.06.2021) noch:

»Antibakterieller Schutz (tötet 99.99% aller Bakterien).«

»Die antimikrobiellen Zusatzstoffe bestehen aus harmlosen schadstofffreien Silber-Ionen, deren sterilisierende Wirkung sich nur auf Bakterien auswirkt.«

Die untere Aussage hat der Hersteller in der Zwischenzeit überarbeitet und schreibt nun Folgendes:

»Die antimikrobiellen Zusatzstoffe bestehen aus schadstoffarmen Silber-Ionen, deren sterilisierende Wirkung bis zu 99% aller Bakterien unschädlich macht.«

Aufgrund dieser Beschreibung haben wir auch an Woodcessories eine Anfrage gestellt und um mehr Details sowie die chemische Bezeichnung der verwendeten »schadstofffreien Silber-Ionen« gebeten. Unsere Herstelleranfrage bezog sich auf das »Change Case«. Die Handyhülle »Bio Case« haben wir uns bestellt – hier gab es keine Deklaration über die Verwendung von Bioziden auf der Verpackung.

Wir haben diese Antwort von Woodcessories erhalten:

»Unsere Cases werden alle 100% schadstoffrei hergestellt und sind nicht mit Bioziden behandelt.«

Mehrere Nachfragen von unserer Seite wurden nicht von Woodcessories beantwortet. Reminder an verschiedene Mail-Adressen von Woodcessories wurden ignoriert.

Statement von PAN Germany dazu:


»So wie ich die Kommunikation nachvollziehen kann, hat die Firma offenbar unvollständig geantwortet. Auch hier gilt Artikel 58 der EU Biozid-Verordnung. Der Begriff „Silber-Ionen“ ist keine chemische Bezeichnung eines gemeldeten Biozid-Wirkstoffs, sondern die Beschreibung eines physikochemischen Zustands eines geladenen Silberatoms. Hier wurde offenbar weder die verpflichtende Deklarationspflicht auf dem Etikett oder Verpackung, noch die verpflichtende Auskunftspflicht umgesetzt.«

Fazit: Eine antibakteriell wirkende Handyhülle erscheint uns persönlich überflüssig. Wir sehen keinen Mehrwert einer Biozidbehandlung von Handyzubehör. Der Hersteller wirbt damit, Oberflächen vollständig hygienisch sauber zu halten und 99.9% der sich darauf befindlichen Bakterien abzutöten. Aber: PAN Germany weist in seinem Biozid-Ratgeber darauf hin, dass die meisten Mikroorganismen in unserer Umgebung für uns lebensnotwendig sind. Eine »keimfreie« Umgebung kann uns sogar schaden, und besonders bei Kindern die Entwicklung einer starken Immunabwehr beeinträchtigen.

 

4 | UNOWN FASHION – Kleidungsverleih

Unown Fashion ist ein Service, bei dem ihr Kleidung mieten statt kaufen könnt. Der Verleih von Kleidung soll dabei helfen Ressourcen einzusparen, indem nicht so viele neue Kleidungsstücke gekauft werden und die Tragedauer der einzelnen Teile durch eine geteilte Nutzung verlängert wird. Zum Zeitpunkt unserer Anfrage schrieb Unown Fashion auf seiner Website über den Reinigungsprozess seiner Kleidung (Stand 27.07.2021):

»Die meisten Kleidungsstücke werden nass gereinigt. Dabei verwenden wir naturbasierte und mikroplastikfreie Reinigungsmittel. Auf Weichspüler verzichten wir komplett. Die Reinigung bei UNOWN ist zu 100% hygienisch und tötet Bakterien und Viren ab.«

Inzwischen hat der Kleidungsverleih den letzten Satz überarbeitet und schreibt stattdessen (Stand 30.09.2021):

»Wir nutzen hygienische und textilgerechte Verfahren, um Bakterien und spezielle Viren abzutöten.«

Auf unsere Nachfrage bezüglich der Verwendung von Bioziden haben wir diese Antwort von Unown Fashion erhalten:

»Unser Hauswaschmittel ist Sonett in verschiedenen Sorten. Bei unserem externen Reinigungspartner wird fallweise auch anderes Waschmittel eingesetzt, das ist material- und prozessabhängig. Außerdem nutzen wir Hygienespüler, auch hier kommen je nach Reinigungsprozess verschiedene Fabrikate zum Einsatz. Ich bitte um Verständnis, dass wir nicht alle Marken listen können, weil prozessbedingt verschiedene zum Einsatz kommen und in Teilen natürlich auch „Betriebsgeheimnis“ ist.«


Da wir die Marke Sonett sehr gut kennen, wissen wir, dass ihre Waschmittel keinerlei Biozide enthalten. Unsere Nachfragen und Zweifel bezüglich der Verwendung von Bioziden beziehen sich daher auf die eingesetzten Mittel der externen Reinigungspartner sowie die Inhaltsstoffe der verwendeten Hygienespüler. Außerdem finden wir es nicht gerade transparent von Unown Fashion, sich bei unserer Nachfrage auf ein »Betriebsgeheimnis« zu berufen und so einer Auskunft auszuweichen – also haben wir noch mal nachgehakt.

Einige Nachfragen und Reminder später hat uns Unown Fashion schließlich diese Antwort zukommen lassen:

»Folgenden Biozide kommen zum Einsatz:
L(+)-Milchsäure 
Essigsäure
Peressigsäure
Didecyldimonium Chlorid
Isopropylalkohol
Caprylyl / Decyl Glucoside 
sowie die Produkte
Viva Duox 
Viva Geniox 
der Firma Seitz GmbH mit ihren entsprechenden Inhaltsstoffen.«

Statement von PAN Germany dazu:
»Eine Bewertung ist schwierig, wenn keine Produktnamen oder die BAuA-Registriernummer genannt wird. Allerdings werden zwei Biozidprodukte von der Firma namentlich genannt. Nach der BAuA-Meldeverordnung enthält das Produkt Viva-Duox den Biozid-Wirkstoff Peressigsäure. Das Mittel Viva Geniox mit dem Biozid-Wirkstoff 6-(Phthalimid)peroxyhexansäure (PAP) ist gemeldet und darf bis Ende 2024 in den Verkehr gebracht werden. Beide Chemikalien sind u.a. sehr giftig gegen Wasserlebewesen und können Augen- und Hautreizungen verursachen.«

Fazit: Auf den ersten Blick mag ein Kleidungs-Verleihservice besonders nachhaltig wirken. Unserer Ansicht nach ist es nicht nachhaltig, große Mengen von Kleidungsstücken mit Biozidprodukten zu reinigen. Ein weiterer Kritikpunkt von unserer Seite: Die geliehene Kleidung muss immer auch erst ihren Weg zu euch finden – sie wird also im Zweifel viele Kilometer zurücklegen, um erst bei euch und dann wieder beim Verleihservice zu landen.

Neben den möglichen Risiken für unsere Gesundheit und Umwelt fühlen wir uns nicht wohl bei dem Gedanken, mit solchen Stoffen gereinigte Kleidung zu tragen – besonders, wenn es um Maternity-Wear geht. Wir haben uns im Freundeskreis und in der Redaktion bei Müttern und werdenden Müttern umgehört und die Reaktionen waren eindeutig: Kleidung, die mithilfe von Biozidprodukten gereinigt wird, möchten sie nicht an ihrem Körper tragen.

Außerdem finden wir: Wir sollten dem Überkonsum von Kleidung entgegensteuern und das Gefühl hinter uns lassen, ständig etwas Neues im Schrank haben zu müssen. Kleidung bei einem professionellen Verleih ausleihen würden wir persönlich nur für einen besonderen Anlass – als gute Alternative zum Neukauf.

 

5 | NORDIFAKT – Handtücher und Bettwäsche

Das dänische Brand Nordifakt hat unter anderem »bakterienfreie« Handtücher und Bettwäsche aus 100% Bio-Baumwolle im Sortiment und bewirbt diese als besonders nachhaltig, da sie aufgrund ihrer Biozid-Behandlung seltener und nur bei niedriger Temperatur gewaschen werden müssen.

Auf der Website von Nordifakt finden wir folgende Produktbeschreibungen:

»Behandelt mit Polygiene BioStatic Stays Fresh Technologie, eine sichere antibakterielle Technologie, die das Wachstum von Bakterien verhindert. Da keine Bakterien vorhanden sind, müssen Sie sich keine Sorgen mehr über muffige Bakterien verbreitende Handtücher machen und Sie trocknen sich immer mit einem frischen Handtuch ab.

Unsere Produkte sind mit einer antibakteriellen Öko-Technologie behandelt, die das Wachstum von Bakterien verhindert, so dass Ihre Heimtextilien länger frisch bleiben und deutlich weniger gewaschen werden müssen. Dadurch halten Ihre Produkte länger und Sie sparen Wasser und Zeit.«

Nordifakt stellt auf seiner Website Informationen zu der verwendeten »Polygiene BioStatic Stays Fresh«-Technologie unter Berufung auf die Verwendung von Silbersalz bzw. Silberchlorid bereit – auch wenn wir diese Infos erst einmal mühevoll auf der Website suchen mussten. In der Produktbeschreibung wurde das Biozid nicht genannt.

Fazit: Wir persönlich finden, dass biozidbehandelte Handtücher und Bettwäsche nicht nachhaltig sind. Die Argumentation, dass mit Bioziden behandelte Heimtextilien die Umwelt durch den reduzierten Verbrauch von Wasser, Strom und Waschmittel schonen, halten wir für nicht schlüssig. Statt die Umwelt zu schützen, kann der Einsatz von Bioziden sie stattdessen sogar schädigen, wie wir weiter oben dargestellt haben.

Wie vermeide ich den Einsatz von Bioziden im Alltag?

Sowohl das Umweltbundesamt als auch PAN Germany bestätigen, dass regelmäßiges Waschen von Textilien nach angegebener Waschtemperatur – ohne Einsatz von biozidhaltigem Hygienespüler – völlig ausreicht, um Dreck und Schweiß zu entfernen. Bettwäsche, Handtücher und Unterwäsche werden bei einer Waschtemperatur von 60° auch mit umweltschonenderem Vollwaschmittel von Bakterien befreit. Das beugt laut PAN Germany außerdem der Bildung eines Bakterienfilms in der Waschmaschine vor und macht den Einsatz antibakterieller Hygienespüler überflüssig. Umweltbundesamt, BfR und das Robert-Koch-Institut stimmen außerdem in der Einschätzung überein, dass der Einsatz von Desinfektionsmitteln in Privathaushalten in der Regel nicht erforderlich ist.

Unser Tipp beim Einkauf: Lieber ganz genau hinschauen, die Produktbeschreibungen aufmerksam lesen und auf bestimmte Handelsnamen achten. Hilfreich ist ein Blick in den Biozid-Ratgeber von PAN Germany. Dort findet ihr auch die Handelsnamen, hinter denen sich Biozide verstecken können. Im Zweifelsfall könnt ihr auch die Hersteller anschreiben und um Auskunft bitten.

Aufgepasst: Wie wir festgestellt haben, bedeutet Öko nicht gleich biozidfrei. PAN Germany warnt außerdem davor, sich zu sehr auf bekannte Siegel zu verlassen: »Vorsicht gilt bei Qualitätslabeln auf der Verpackung, denn nicht jedes Label ist auch ein Umweltlabel wie beispielsweise der Blaue Engel. Viele biozidbehandelte Textilien wie Bettwäsche oder Matratzen zeichnen sich mit dem Oeko-Tex Standard 100 aus. Dieses Siegel prüft aber nur auf eine überschaubare Anzahl von Schadstoffen. Die in der EU verkehrsfähigen Biozide sind nach den Kriterien [von Oeko-Tex, Anm. der Redaktion] erlaubt.«

Unser Fazit: Biozide? Nein, Danke!

Wir persönlich lehnen den Gebrauch von »nachhaltigen« Produkten mit Bioziden komplett ab. Während der Einsatz von Bioziden zur Desinfektion in der Medizin nicht wegzudenken ist, macht es für uns persönlich vor allem bei nachhaltigen Produkten keinen Sinn, Biozide im Alltag zu verwenden. Unsere mehr als einjährige Recherche und die Stellungnahmen von diversen Expert:innen haben uns in dieser Ansicht weiter bestätigt. Was uns besonders in der nachhaltigen Branche am meisten stört, ist die Intransparenz einiger Hersteller bei diesem Thema. Wir wünschen uns mehr Offenheit und eine klare Kommunikation, wenn es um die Deklarierung von Produkten mit Bioziden geht. Denn ohne genügend Informationen und eine ausreichende Deklarierung können Verbraucher:innen keine fundierte Kaufentscheidung treffen. Außerdem sind biozidbehandelte Produkte unserer Meinung nach weder nachhaltig noch umweltfreundlich. Grausame Tierversuche bei der Prüfung biozider Stoffe sind für uns ein absolutes No-Go! Diese Produkte sind für uns persönlich ethisch nicht korrekt und absolut nicht vertretbar.

 

Fotos: Ron Lach von Pexels, Ketut Subiyanto von Pexels, Artem Beliaikin von Pexels

Layout: Johanna Flachsenberg

 


Über PAN Germany:

PAN Germany ist eine gemeinnützige Umweltschutzorganisation, die über Pestizide und Biozide kritisch informiert und sich seit vielen Jahren politisch und verbraucherorientiert mit Bioziden befasst. PAN Germany setzt sich dafür ein, dass das europäische Biozidrecht im Sinne des Umwelt- und Verbraucherschutzes umgesetzt und Biozide mit besonders gefährlichen Eigenschaften zukünftig nicht mehr verwendet werden dürfen. Das Netzwerk plädiert für strenge Verwendungsregeln und Kontrollmaßnahmen, für eine systematische Umweltüberwachung und fordert eine grundsätzliche Verminderung des Einsatzes von Bioziden. PAN Germany möchte Verbraucher:innen ermutigen, sich stets im Alltag, im Beruf oder in der Freizeit die Frage zu stellen, ob und wann der Einsatz solcher risikoreichen Chemie-Produkte überhaupt notwendig ist. Aus diesem Grund bietet PAN Germany auch viele praxisnahe und verbraucherfreundliche Tipps, um Vorsorgemaßnahmen und biozidfreie Alternativen zu fördern.

 


Rechtsanwalt Thore Levermann, Fachanwalt für Medienrecht, Urheberrecht, NutzungsrechtDieser Artikel wurde vor Veröffentlichung rechtlich geprüft. An unserer Seite? Thore Levermann – Rechtsanwalt unserer Herzen. Er begleitet uns bereits seit einigen Jahren zuverlässig und mit vollem Einsatz zu allen rechtlichen Fragen rund um Peppermynta. Thore Levermann ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, für gewerblichen Rechtsschutz und Spezialist im Datenschutzrecht. Er berät zahlreiche Influencer:innen, Blogger:innen sowie Fotograf:innen und ist darüber hinaus Dozent für Presserecht an der Akademie für Publizistik. Thore Levermann ist Gründungspartner der Hamburger Kanzlei WLHK und selbstverständlich auf allen digitalen Wegen erreichbar.

 

 

 

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