i+m Naturkosmetik – Ein Gespräch über Greenwashing, Großkonzerne und Profit

i+m Naturkosmetik – Ein Gespräch über Greenwashing, Großkonzerne und die Power von Profit

Wir lieben richtig gute Naturkosmetik. Doch was wir mindestens genauso sehr lieben, sind Menschen und Marken mit Meinungen. So wie das Berliner Label i+m Naturkosmetik. Wir haben mit Sylke Rademacher gesprochen, Senior Brand & Communications Manager, um mehr darüber zu erfahren, wie sie die aktuelle Lage in der »Szene« sieht und warum es sich immer lohnt hinter die Kulissen zu schauen.

Wir greifen in die Regale, cremen, peelen, ölen uns. Zu sagen, dass der Kassenbon ein Stimmzettel ist, sehen wir mit gemischten Gefühlen. Was wir allerdings auch kritisch sehen: Dinge nicht zu hinterfragen. Ganz ohne böse Absichten. Sondern um zu verstehen, Zusammenhänge zu begreifen und einen Überblick zu bekommen. Denn nicht alles, was grün glänzt, ist es auch. Wir dürfen uns die Frage stellen: Wer verdient hier wirklich an dem Produkt, das ich mir gerade gönne?

Denn neben großartigen, engagierten, fairen und sozial agierenden Marken wie i+m Naturkosmetik gibt es genug Marken, die zwar im grünen Gewand daherkommen, dessen Profite aber in die Taschen von großen Mutterkonzernen fließen. i+m Naturkosmetik investiert dauerhaft ihre Gewinne in faire Landwirtschaftsprojekte und fördert das eigens aufgebaute Frauenhaus in Sambia. »Green Washing anstatt Greenwashing!« Ein eigens kreierter Spruch des Berliner Lieblingslabels. Was hat es damit auf sich? Braucht es große Konzerne, um die Öko-Revolution voranzutreiben? Vorhang auf für die wundere Sylke Rademacher, der wir auf diesem Wege noch einmal für ihre Zeit und ihre tolle Arbeit danken möchten.

i+m Naturkosmetik – Ein Gespräch über Greenwashing, Großkonzerne und die Power von Profit

i+m Naturkosmetik – Ein Gespräch über Greenwashing, Großkonzerne und die Power von Profit: Sylke Rademacher

»Green Washing anstatt Greenwashing.« Wir lieben diesen Spruch! Wie definiert ihr Greenwashing? Was versteht ihr darunter?
Sylke Rademacher: Greenwashing betreibt, wer nach außen hin »grünes« Engagement kommuniziert, ohne dem entsprechendes Handeln folgen zu lassen. Ein typisches Beispiel ist der Umverpackungskarton eines Produktes aus gebleichter Frischfaser bedruckt mit einer Recyclingkartonoptik für die grüne Außenwirkung. Tatsächlich ökologisch wäre, gleich Recyclingkarton zu verwenden. Oder ganz auf die Umverpackung zu verzichten – mit allen Nachteilen, die daraus resultieren, wie den mangelnden Platz für Kommunikation.

Die L’Oréal Übernahme von Logocos war in aller Munde. Für uns ist das Greenwashing. Wie steht ihr zum Beispiel dazu, wenn eine Marke wie z.B. Garnier eine eigene, zertifizierte Bio-Kosmetikserie auf den Markt bringt? Ist das dann auch Greenwashing? Wenn ja, warum?
Die Herstellung zertifizierter Bio-Naturkosmetik ist natürlich erstmal kein Greenwashing – sonst hätten wir auch ein Problem. Doch heute müssen wir bei der ethischen Bewertung einer Marke auch unterscheiden zwischen ihrem Tun und ihrem Inhaber. Das Tun ist besonders wichtig – frei nach dem Motto »Es gibt nichts Gutes, außer man tut es«. Aber auch die Inhaberschaft spielt eine wichtige Rolle in der Beurteilung, denn die Profite fließen an die Konzernmutter und in deren Tun.

i+m Naturkosmetik – Ein Gespräch über Greenwashing, Großkonzerne und die Power von Profit

i+m Naturkosmetik – Ein Gespräch über Greenwashing, Großkonzerne und die Power von Profit

i+m Naturkosmetik – Ein Gespräch über Greenwashing, Großkonzerne und die Power von Profit

Wir hören oft den Spruch: »Die Großen, die können nur kleine Schritte machen – dafür erreichen sie viel mehr Menschen. Besser wenig als nichts.« Wie steht ihr dazu?
Es braucht sowohl die großen wie die kleinen Unternehmen. Große Unternehmen können eher hohe Investitionen in Nachhaltigkeit z.B. für ökologischere Verpackungssysteme stemmen. Außerdem können sie günstiger produzieren und dadurch mehr Menschen erreichen. Andererseits kommen von kleineren Unternehmungen viel häufiger die Innovationen in puncto Nachhaltigkeit, da sie flexibler, schneller und konsequenter neue Dinge ausprobieren können.

Manche kleinere oder aufsteigende Marken verargumentieren, dass sie gemeinsam mit einem Konzern viel bessere Chancen haben zu wachsen und ihre »guten Inhaltsstoffe« in größerer Masse in die Welt zu bringen und dadurch optimalerweise konventionelle Inhaltsstoffe verdrängen (so wie Pukka beispielsweise). Geht diese Rechnung auf? Was denkt ihr darüber?
Das klingt erstmal toll, mehr faire Bio-Rohstoffe werden nachgefragt und alle werden glücklich. In der Realität ist aber z. B. für viele kleinere Bauerninitiativen die Menge an Rohstoffen, die ein Konzern zur Produktion benötigt, gar nicht zu bewerkstelligen. Deshalb werden die Lieferketten auch nach Übernahmen oftmals »angepasst« an die Nachfrage und somit sind kleine Initiativen wieder aus dem Rennen. Ein langsameres Wachstum gemeinsam mit den Partnern ist da wesentlich nachhaltiger. Zudem stärken Übernahmen in erster Linie Macht und Profit des übernehmenden Konzerns und nicht die Lieferkette.

Immer wieder sehe ich Sante oder Logocos Produkte in Bio-Supermärkten. Oft werden die Verbraucher*innen als alleinige Entscheidungsmacher*innen unter Druck gesetzt. Aber sollte nicht auch der Bio-Fachhandel strenger mit den gelisteten Produkten umgehen? Wie steht ihr zu dem Thema?
Tatsächlich hat der Bio-Fachhandel gegenüber den Konventionellen eine größere Verantwortung zu tragen für sein Sortiment. Aber wir finden es unfair, die alleinige Verantwortung auf den Fachhandel oder noch schlimmer die Verbraucher*innen abzuwälzen. Verantwortung für einen nachhaltigen Konsum tragen die Herstellenden, der Handel, die Konsument*innen und die Politik gemeinsam.

 

Fotos: PR

 

Wir schätzen die Meinung und die Einstellungen von Marken wie i+m Naturkosmetik sehr. Sie sind authentisch und transparent. Das sind auch wir. Dieser Artikel ist in Kooperation mit i+m Naturkosmetik entstanden. Unsere Arbeit ist recherche- und zeitintensiv und wir sind dankbar für Marken, die uns darin auch finanziell unterstützen.

 

Du möchtest mehr darüber erfahren, warum es unserer Meinung nach schwierig ist, dass Großkonzerne nachhaltig sein können? Hier findest du unseren Artikel zu Tchibo: »Nachhaltiger leben. Jeden Tag« – Wie kann ein Großkonzern nachhaltig sein?